Es begegnet uns jeden Tag – das Thema Gleichberechtigung. Werden Frauen heute wirklich fair bezahlt? Gibt es für alle die gleichen Chancen im Job – vor allem auf einen Chefsessel? Übernehmen moderne Väter daheim die Hälfte der Aufgaben – oder ist Hausarbeit noch ungerecht verteilt? Die dreiteilige ZDF-Doku „laut. stark. gleich. berechtigt. Zeit der Frauen“ (Dienstag, 27. September, 20-15 Uhr) zeigt, welche Rechte sich Frauen in den vergangenen Jahrzehnten in Deutschland erkämpft haben – und welche Hindernisse noch vor ihnen liegen. Moderatorin Collien Ulmen-Fernandes unternimmt eine spannende Zeitreise von den 1950er-Jahren bis heute.
Darum geht’s in „laut. stark. gleich. berechtigt.“
2005 wird eine Frau Bundeskanzlerin, 2022 spielt die Fußballnationalmannschaft der Frauen um den EM-Titel. Mütter melden ihre Töchter zum Fußballtraining an und zeigen ihren Söhnen, wie man Kuchen backt. Was in unserer Generation selbstverständlich erscheint, musste hart erkämpft werden. „Dem Manne steht die Entscheidung in allen das gemeinschaftliche eheliche Leben betreffenden Angelegenheiten zu; er bestimmt insbesondere Wohnort und Wohnung.“ So lautete § 1354, der sogenannte Gehorsamsparagraf. Erst 1957 wurde er aus dem Grundgesetzbuch gestrichen, weil er sich nicht mit Artikel 3 vereinbaren ließ: Männer und Frauen sind gleichberechtigt.
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Der lange Weg in die Chefetage
Vieles, was uns heute unglaublich erscheint, war damals Alltag. Erst seit 1962 dürfen Frauen ihr eigenes Bankkonto eröffnen. Erst 1970 hob der DFB das Fußballverbot für Spielerinnen auf. Und erst 1977 schaffte man die „Hausfrauenehe“ ab, in der die Gattin zur Haushaltsführung verpflichtet war. In der DDR stehen Frauen in dieser Zeit zwar gemeinsam mit den Männern in den Fabriken am Band. Doch die Erwerbstätigkeit bietet ihnen nicht immer die pure Erfüllung, sie ist eher politisch gewünscht und wirtschaftlich erforderlich. Die Kinderbetreuung übernimmt der Staat: Es gibt Kindergartenplätze für alle. Um den Haushalt kümmern sich aber auch in Ostdeutschland die Mütter.
„Es macht mich wütend, welche Rolle Frauen einnehmen mussten“, sagt Moderatorin Collien Ulmen-Fernandes. Dank starker Persönlichkeiten hat sich inzwischen viel getan. Einen wichtigen Anstoß dazu gab Dr. Elisabeth Selbert (1896 bis 1986) bereits nach dem Zweiten Weltkrieg: Sie erkämpfte, dass die Gleichberechtigung von Mann und Frau Teil der neuen Verfassung Deutschlands wurde. Dazu brauchte sie mehrere Anläufe, aber sie ließ nicht locker. Die Juristin und Politikerin gilt als „Mutter des Grundgesetzes“. Es dauerte noch Jahrzehnte, bis sich Gravierendes änderte. Inzwischen sind Frauen in Führungsetagen großer Unternehmen eingezogen und erteilen Befehle bei der Bundeswehr. Trotzdem scheinen sie noch nicht überall auf Augenhöhe mit den Männern.
Experten beobachten gerade durch die Coronakrise einen Rückfall in alte Rollenbilder. Prof. Jutta Allmendinger, Präsidentin des Wissenschaftszentrums Berlin für Sozialforschung, hat Folgendes registriert: „Das Dramatische ist, dass gerade die jungen Väter, die liberalere Geschlechterrollen angenommen hatten, in dieser Zeit wieder zurückgerutscht sind und es ihnen zu viel war.“ Während des Lockdowns mussten die meisten Eltern von zu Hause aus arbeiten und dort zeitgleich ihre Kinder betreuen, jene im schulpflichtigen Alter sogar unterrichten. „Neue Daten zeigen, dass insbesondere Väter extrem auf die Infrastruktur angewiesen sind. Also: Wenn Kitas wegbrechen, wenn Schulen wegbrechen, dann brechen auch die Männer weg.“
Was muss noch passieren? Wo stehen Frauen heute wirklich in der Gesellschaft? „Manchmal habe ich das Gefühl, dass sich in den vergangenen Jahrzehnten gar nicht so viel geändert hat“, sagt Ulmen-Fernandes. Die 42-Jährige, selbst Mutter, ist überzeugt: „Die Verantwortung für Haushalt und Kindererziehung gibt es auf dem Papier zwar offiziell nicht mehr, trotzdem fühlen sich viele Frauen noch dafür verantwortlich.“ In der Dokumentation begegnet die Moderatorin vielen interessanten Frauen, darunter auch prominenten wie den Schauspielerinnen Maren Kroymann, Jutta Speidel und Marie-Luise Marjan. In einem sind sich alle einig: Es ist viel passiert, aber noch nicht alles erreicht.