Das Drama „Du sollst hören“ (Montag, 19. September um 20.15 Uhr im ZDF oder in der Mediathek) ist inspiriert von wahren Begebenheiten.
Darum geht’s in „Du sollst hören“
Nach der Behandlung einer Mittelohrentzündung stellt der Arzt, Prof. Dr. Theo Rotschild (Kai Wiesinger) fest, dass bei der taubstummen Mila Ebert (Delia Pfeffer) der Hörnerv vollständig ausgebildet ist. Würde er ihr ein Cochlea-Implantat einsetzen, hätte die Zweijährige eine zu 90 Prozent wahrscheinliche Möglichkeit, ausreichend gut zu hören.
Was zunächst wie eine gute Nachricht klingt und von der Tante des Kindes Jette Blankenburg (Laura Lippmann) auch als freudige Botschaft verstanden wird, löst bei den Eltern Ängste aus. Conny (Anne Zander) und Simon Ebert (Benjamin Piwko) sind ebenfalls gehörlos und fürchten die Risiken einer solchen Operation. Insbesondere die Mutter sieht, im Gegensatz zum Vater, auch keine Notwendigkeit für den Eingriff. Sie empfindet den Gedanken, den Schädel ihrer Tochter aufzufräsen, unerträglich.
Prof. Rotschild ist wiederum entsetzt, dass Mila um diese Möglichkeit gebracht wird und erstattet Anzeige wegen Kindeswohlgefährdung. Der Fall landet bei der Richterin Jolanda Helbig (Claudia Michelsen). Was alle Ausstehenden nicht wissen: Helbig und Rotschild verbindet ein schwerer Schicksalsschlag.
Die Bildergalerie zu „Du sollst hören“
Hintergrund
Am Dienstag, 20. September zeigt das ZDF zu diesem Thema auch die Dokumentation „37°: Du sollst hören!“.
Benjamin Piwko (42), der mit acht Monaten aufgrund einer Virusinfektion sein Gehör verlor, sagt gegenüber dem ZDF: „Ich möchte den Zuschauer*innen mit diesem Film gerne die zwei Welten, die hörende und die gehörlose Welt, näherbringen. Ich möchte beide miteinander verbinden. Das geht aber nur, wenn alle Toleranz aufbringen und Gehörlosigkeit nicht als Behinderung ansehen, sondern als menschliche Eigenschaft. Man muss dafür geduldig sein, sich Zeit für den anderen nehmen und ganz in Ruhe miteinander kommunizieren. Jeder kann auch die Hände bewegen oder einen Stift zur Hilfe nehmen. Dann klappt die Kommunikation irgendwann sehr gut.“
Drehbuchautorin Katrin Bühlig ergänzt: „Es geht nicht um den ‚Verlust‘, nicht hören oder sprechen zu können, denn taube Menschen haben eine Sprache, mit der sie ganz wunderbar kommunizieren können, die Gebärdensprache. Es geht vielmehr darum, eine Welt aufzuzeigen, die mehr ist als eine Identität. Sie ist eine eigene Kultur. Um es ganz klar zu sagen: Unsere gehörlosen Nachbarn lechzen nicht danach, zu unserer hörenden Welt zu gehören, denn sie haben ihre eigene Welt.“
Claudia Michelsen, die die entscheidende Richterin spielt, sagte gegenüber GOLDENE KAMERA: „Ich bin froh, dass sich auch hier die Türen, wenn auch noch zu langsam, in diese Richtung des Erzählens öffnen.“
GOLDENE KAMERA TV-Tipp, weil…
Der Anspruch des Films ist es, mit Vorurteilen aufzuräumen. Das gelingt. Tatsächlich spielt er sehr gut mit Akustik bzw. dem Hören und Nichthören. Deutlich wird: Warum sollen sich die Gehörlosen der Welt der Hörenden anpassen und nicht umgekehrt?
Die Gefühle eines jeden einzelnen werden deutlich und nachvollziehbar dargestellt, was vor allem an den sehr gelungenen Darstellungen der wundervollen Schauspieler liegt. Insbesondere die persönliche Entwicklung der Richterin wird hervorragend von Claudia Michelsen verkörpert. Diese parallele Geschichte wirkt aber sehr bedrückend und der Zufall, der in ihr innewohnt, ist vielleicht auch ein wenig zu viel des Guten. Die Hauptthematik ist auch so schon ernst und traurig genug und hätte alleine für sich stehen können.
Zum Glück finden viele wichtige Argumente trotzdem ihren Platz. Aussagen wie „Unsere Tochter ist gesund, warum sollen wir sie zu einer Patientin machen?“ oder „Es ist diskriminierend, dass Implantate statt mehr Dolmetschern gefördert werden“ regen zum Nachdenken an.
Es handelt sich sicherlich um keinen leichten Stoff, der auch nachdenklich und traurig macht. Die Tatsache, dass man die Argumente eines jeden einzelnen verstehen kann, erzeugen die Spannung.