Die 7. „Bundschuh“-Folge „Unter Verschluss“ (Donnerstag, 1. September 2022, 20.15 Uhr, ZDF) ist anders als die bisherigen Geschichten. Eigentlich wollten Gundula (Andrea Sawatzki) und ihr Göttergatte Gerald (Axel Milberg) auf die Malediven fliegen, doch dann macht Corona der Chaos-Familie einen Strich durch die Rechnung. Zudem trifft Susanne (Judy Winter, hier im Interview) auch noch auf ihren Ex-Liebhaber (Rüdiger Vogler). Ist er Geralds Vater? (lesen Sie hier mehr über die aktuelle Folge)
Wir sprachen exklusiv mit Hauptdarstellerin Andrea Sawatzki (59), die diesmal zwar nicht die Romanvorlage geschrieben hat, aber aus eigener Erfahrung weiß, was es bedeutet, mit Covid-19 zu Hause bleiben zu müssen. Sie erklärt, warum sie gern altmodisch ist, warum die Rolle der Frau heute eine so schwierige ist und warum sie, obwohl sie ihren demenzkranken Vater gepflegt hat, keine Angst vor dieser Krankheit hat. Außerdem verrät sie natürlich alles über die „Bundschuhs“ und ihre Zukunft. Gundula und Gerald sind mittlerweile 25 Jahre verheiratet, Andrea Sawatzki und ihr Mann Christian Berkel (64, GOLDENE KAMERA 2009) seit 25 Jahren ein Paar. Dies ist bei Weitem nicht die einzige Parallele zwischen Sawatzki und Gundula.
Andrea Sawatzki im Interview
GOLDENE KAMERA: Beim neuen “Bundschuh”-Film ist mir aufgefallen, dass Ihre Rolle längst nicht mehr so verzweifelt und überfordert wirkt wie sonst. Wie kommt das?
Andrea Sawatzki: Dieser Film unterscheidet sich von den anderen. Dieses Mal geht es hauptsächlich um Gerald. Gundula tritt in dieser Folge zurück. Es gab für diesen Film keine Romanvorlage, ich finde es aber schön, dass hier ein bisschen mehr über Gerald erzählt wird.
Apropos Zukunft. Es gibt schon ein neues Bundschuh-Drehbuch. Wie geht es weiter?
In dem neuen Drehbuch wird die ganze Familie wieder mehr einbezogen. Der schwarze Humor soll stärker werden. Mit ihm können viel mehr Themen angesprochen werden und man kann sich in Gefilde vorwagen, über die man normalerweise nicht spricht. Oder wo es vielleicht auch despektierlich ist, tiefer zu gehen.
Nicht viele Filmemacher wagen es, eine Geschichte rund um Corona zu erzählen. Warum das Bundschuh-Team?
Stimmt. Der Film ist in dieser Hinsicht durchaus ein Experiment. Wir werden sehen, ob das Publikum mitgeht, die Pandemie im Fernsehen zu erleben. Ich spüre in meiner näheren Umgebung eine gewisse Corona-Müdigkeit. Andererseits ist es auch ganz lustig, unsere verrückte Familie im Lockdown im Dreiseitenhof zu erleben. Das fällt denen nicht wirklich leicht, wie man sich denken kann…
Waren Sie in Quarantäne oder hatten Sie COVID-19?
Ja, ich hatte Anfang März Corona. Ich war eigentlich schon halb auf dem Weg nach Köln, habe aber zum Glück noch einen Test gemacht und musste dann zehn Tage lang in Quarantäne. Meine Familie war gerade nicht da, sodass ich niemanden gefährdet habe. Mit den Hunden allein im Haus war es dann ganz okay.
Die Bildergalerie zu „Familie Bundschuh – Unter Verschluss“
Diese Folge fängt zum ersten Mal nicht mit einem Zeitsprung an, sondern beginnt mit Horrorelementen. Glauben Sie an Geister und Flüche?
Ja, schon, ich glaube an das Übernatürliche. Genau deswegen zwinge ich mich nachts mit meinen Hunden in den Wald, um dieser Angst zu begegnen. Ich liebe Horrorfilme, auch wenn das jetzt widersprüchlich klingt und bei diesen nächtlichen Spaziergängen kann man sich schon einiges vorstellen. Dabei ist mir auch die Idee für einen Horror-Roman gekommen.
Sie haben fünf Bundschuh-Bücher geschrieben, es gibt sieben Verfilmungen. Werden Sie in Zukunft weitere Vorlagen schreiben oder überlassen Sie das jetzt anderen Autoren?
Ich würde mich gern dem ernsteren Genre widmen. Allerdings sind die Bundschuh-Fans bei meinen Lesereisen gerade dabei, mich zu einem weiteren Roman zu überreden.
Sie selbst sagen von sich, dass Sie gern Hausfrau und Mutter sind, also dass Ihnen genau die damit verbundenen Tätigkeiten viel bedeuten. Wie gelingt es Ihnen hierfür Respekt und Anerkennung zu bekommen?
Wenn ich sage, dass ich es liebe, Mutter zu sein und Hausarbeit wahnsinnig gerne mache, kommt das bei manchen Leuten zurzeit nicht so gut an, aber das ist mir egal. Ich stehe dazu, dass ich es toll finde, wenn ich einen Kuchen gebacken habe und meine Jungs sich darüber freuen. Da bin ich ein wenig altmodisch. Meine Kinder verbringen nach wie vor gern Zeit mit mir und werden auch gern von mir bekocht und verwöhnt. Das ist meine Anerkennung. Jetzt könnte man sagen, dies sei die falsche Anerkennung, denn dann ginge es immer so weiter, dass sich das männliche Geschlecht von Frauen versorgen lässt usw. Das halte ich für Blödsinn.
Haben Sie Angst, dass Ihre Söhne Bruno und Moritz wie Gerald werden könnten?
(lacht) Nein, aber deswegen ist es auch wichtig, eine Familie zu beschreiben, bei der das so kläglich schiefläuft, und einen Gerald zu zeigen, der allein nichts auf die Reihe bekommt. Er ist von seiner Frau abhängig und erdrückt sie. Gundula und ich haben schon sehr viele Gemeinsamkeiten, aber in dieser Beziehung sind wir unterschiedlich. Sie hat nichts anderes, worauf sie stolz sein kann. Sie hat keinen Beruf, sondern das Gefühl, nicht zu genügen und Probleme damit, älter zu werden. Eben die Ängste, die viele Frauen umtreibt, weil sie von der Gesellschaft an uns herangetragen werden.
Welche sind das noch?
Heutzutage sagt man uns Frauen, wie wir auszusehen haben, was wir zu tun haben. Nehmen Sie als Beispiel die finnische Ministerpräsidentin. Das hat mich echt schockiert. Sich eine echte Freiheit zu erschaffen, finde ich nach wie vor auch in der heutigen Zeit schwierig. Auf dem Papier mag das funktionieren, aber im wirklichen Leben hapert es noch. Das ist es vielleicht auch, was die Leserinnen und Zuschauer an Gundula mögen. Sie ist eine Kämpferin, auch wenn man das nicht gleich merkt. Und ihr bei ihrem unermüdlichen Bemühen um ein wenig Anerkennung zuzusehen, finde ich ziemlich unterhaltsam. Und ich glaube, dass sich einige Frauen in Gundula wiedererkennen können. Evtl. auch in der Konfrontation mit der Familie oder mit dem Ehemann. Darüber dann lachen zu können, das sehe ich eben als Befreiung und so muss eine Komödie funktionieren.
Gundula fällt es schwer, das Älterwerden zu akzeptieren. Ihnen auch?
Ich kann damit leben, ich bin recht fit. Und ich bin froh darüber, gesund zu sein. In ‚Freibad‘, dem Film von Doris Dörrie, der am 1. September erscheint, geht es übrigens genau um dieses Thema. Darin spiele ich eine Frau, die das Älterwerden an sich eigentlich gar nicht so wahrgenommen hat, bis die durch die Beleidigungen der anderen Badegäste darauf hingewiesen wird, dass sie im Grunde schon eklig ist. Das ist ein wichtiges Thema. Die Kränkungen, die uns von außen aufgrund unseres Alters zugefügt werden. Es gibt Frauen in dieser Generation, die sich dadurch nicht mehr liebenswert und ausgegrenzt fühlen. Ich bin sehr gespannt auf die Reaktionen. Es wird sicher viele Diskussionen geben.
Ihr Vater, den Sie gepflegt haben, ist früh an Demenz erkrankt. Haben Sie Angst vor dieser Krankheit?
Nein, ich versuche da nicht dran zu denken und ich werde auch nicht so einen Test machen, weil ich denke, wenn man Alzheimer bekommt, bekommt man das ohnehin. Also Angst habe ich nicht, nein.
Was dürfen wir noch Neues von Ihnen erwarten?
Der Film ‚Querschuss‘ wurde aufgrund von Corona noch mal um ein Jahr verschoben. Es wird ein sehr ernster Film. Den produzieren Christian und ich gemeinsam und spielen auch mit. Christian spielt einen Mann, dessen Vater an seinem 80. Geburtstag Selbstmord begeht. Die Familie steht vor einem Rätsel. Selbstmord im Alter ist ein wichtiges Thema in unserer Gesellschaft. Außerdem entwickeln wir für die Degeto gerade eine schwarze Komödie, bei der Christian und ich die Hauptrollen spielen werden. Und dann habe ich ja auch noch meine Arbeit bei diversen Tierschutz-Organisationen.
Interview: Kristina Heuer