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Jasna Fritzi Bauer: „Ich sehe mich selber gar nicht so“

Jasna Fritzi Bauer: „Ich sehe mich selber gar nicht so“

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Im Umfeld des Tatorts wird Liv Moormann (Jasna Fritzi Bauer) von ihren eigenen alten Dämonen heimgesucht. Credit: © Radio Bremen/Claudia Konerding
Im Exklusiv-Interview mit GOLDENE KAMERA verrät Jasna Fritzi Bauer alles über den neuen „Tatort“-Fall, wessen Grab sie beim Dreh in Bremen besucht und für welche Überraschungen sie gut ist.

Durch ihre ersten Rollen wurde Jasna Fritzi Bauer oft in die Schublade der aufmüpfigen Teenagerin gesteckt. Und das völlig zu Unrecht. Denn sie kann so viel mehr, wie sie jüngst auch wieder als Bremer „Tatort“-Kommissarin Liv Moormann in der Folge „Liebeswut“ (Sonntag, 29. Mai, 20.15 Uhr im Ersten) zeigt. Inzwischen beweist die 33-Jährige, dass sie von ruhig bis impulsiv ein breites Spektrum spielen kann. Doch ihr Talent ist noch so viel größer: Auftritte vor 1200 Gästen im Wiener Burgtheater oder als Seestern vor zahlreichem Publikum bei „The Masked Singer“ absolvierte sie mit Bravour.

Im Interview mit der GOLDENEN KAMERA gibt sich Jasna Fritzi Bauer fröhlich und offen. Sie versteht es, brisanter Fragen geschickt auszuweichen und trotzdem nahbar zu bleiben. Ein Profi eben, schließlich arbeitet sie ja selber quasi als Journalistin. In ihrem gemeinsamen Podcast „Under Dry“ interviewen sich Jasna Fritzi Bauer, Anna Maria Mühe und Cristina do Rego gegenseitig zu ihrem Beruf.

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Etwas, was uns ebenfalls sehr positiv an ihr auffällt: Auf die Unsitte vieler Schauspieler, ein Interview bei der Abnahme komplett umzuschreiben, fällt Jasna Fritzi Bauer nicht zurück. Einzig auf eine kurze Anmerkung über ihren Mann Alireza Bayram, mit dem sie seit 2015 verheiratet ist und der auch als Schauspieler arbeitet („Homeland“), möchte sie verzichten. Ansonsten darf alles, was sie über die Entwicklung ihrer Rolle als Kommissarin und ihr Privatleben erzählt, preisgegeben werden:

Jasna Fritzi Bauer im Interview

GOLDENE KAMERA: Im „Tatort: Liebeswut“ geht es um Mutterliebe. Ich habe gelesen, dass Sie gern pünktlich sind, weil ihre Mutter oft zu spät kommt. Heute sind Sie ausnahmsweise zu spät. Was ist passiert? Und wie stehen Sie zu Ihrer Familie?

JASNA FRITZI BAUER: (lacht) Es tut mir leid, ich habe mich in der Uhrzeit vertan. Ich bin als Zweitälteste in einer großen Patchworkfamilie mit drei Müttern, drei Vätern und sechs Geschwistern aufgewachsen. Inzwischen kommen noch diverse Nichten und Neffen hinzu. Das hat immer sehr gut geklappt und es gab, anders als im „Tatort“, nie einen Mangel an Liebe. Wir verstehen uns alle sehr gut und haben auch alle Kontakt miteinander.

Ihrer Rolle Liv ergeht es da anders. In dieser Folge erfahren wir sehr viel mehr über sie.

Aus vorherigen Folgen wissen wir, dass Liv aus dem Milieu in Bremerhaven kommt. Im aktuellen Fall gehen wir tiefer in die Figur rein und lernen, dass sie mit verschiedenen Traumata ihrer Kindheit zu kämpfen hat und versucht diese zu verarbeiten.

Ihre Rolle bekommt sehr viel Raum. Ist da überhaupt noch Platz für Ihre beiden Kollegen und wo steckt überhaupt Max?

Es ist der Vorteil unseres Dreier-Teams, dass immer mal einer weg ist und dann wieder ein anderer in den Fokus rückt. Auch in der nächsten Folge, über die ich leider noch nicht viel verraten darf, wird der Schwerpunkt auf meiner Geschichte liegen. Max kommt wieder. Er hat noch was in Kopenhagen zu erledigen, aber dann ist er wieder mit dabei.

Wie hat sich die Beziehung zwischen Liv und Linda verändert?

Inzwischen müssen sie sich nicht mehr behaupten und beweisen. Sie sind so langsam ein eingespieltes Team und können gut zusammenarbeiten bzw. gute Polizeiarbeit leisten. Obwohl Linda nur bedingt sozial dazu fähig ist, haben die beiden in ihren Eigenarten zusammengefunden und sind sogar Freunde geworden.

Es gibt ja so viele kaputte Stereotypen in dieser Folge. Welche Figur empfanden Sie am beeindruckendsten?

Ich finde am krassesten spielt Dirk Martens diesen Hausmeister, das hat mich schon beeindruckt. Aber ich finde alle Figuren sind für sich sehr extrem.

Bildergalerie: „Tatort: Liebeswut“

Kannten Sie die Schauspieler bereits vorher?

Ich habe mit Matthias (Matschke, Anm. d. Red.) zusammen am Burgtheater gespielt. Aljoscha (Stadelmann, Anm. d. Red.) habe ich auf der Bühne gesehen und kurz getroffen, aber richtig kannten wir uns vorher nicht. Und Dirk Mertens kannte ich gar nicht.

Die drei waren auch schon als Ermittler tätig. Matschke war „Polizeiruf 110“-Kommissar, Stadelmann spielt die Hauptrolle in „Harter Brocken“ und Mertens arbeitete für „SK Kölsch“. Kennen Sie privat auch so viele Schauspieler, die Kommissare sind?

Ja, ich bin auch sehr eng mit Daniel Sträßer („Tatort“ Saarbrücken), Alwara Höfels (ehemals „Tatort“-Dresden) und Anna Maria Mühe („Solo für Weiss“) befreundet.

Haben Sie eine/n Lieblingskommissar/in?

Meine Lieblingskommissarin war tatsächlich Anna Schudt bzw. Martina Bönisch, aber die ist ja jetzt leider tot. Ich muss mich neu orientieren.

Schauen Sie Ihren eigenen „Tatort“ am 29. Mai an?

Ich lade immer ein paar Freunde ein und wir gucken dann Sonntag 20.15 Uhr alle zusammen in meinem Wohnzimmer den Tatort.

Sie sind schwer beschäftigt. Mit Anna Maria Mühe und Cristina do Rego sprechen Sie im Podcast „Under Dry“. Sie haben bei „The Masked Singer“ mitgemacht und eröffnen jetzt eine Ausstellung. Worum geht es und was machen Sie noch alles?

Der Podcast läuft weiter. Mit Katharina Zorn habe ich ein Künstlerduo. Vom 24. Mai bis zum 6. Juni zeigen wir in Bremen unsere Ausstellung „Heute schreibe ich“. Da machen wir mediale Kunst. Hörbücher habe ich auch wieder gemacht und außerdem liegen auf meinem Tisch neue Drehbücher. Früher war ich so eingeengt auf nur einen Dreh oder einen Theaterauftritt. Da kam die Frage: Was kommt danach? Inzwischen habe ich viele andere Optionen und Projekte, da bin ich sehr viel lockerer geworden.

Was verbinden Sie mit Bremen?

Ich verbinde mit Bremen sehr nette und zuvorkommende Menschen, die herzlich und offen sind. Ich habe dort immer eine sehr schöne Zeit. Mein guter Freund und Mentor Ignaz Kirchner, der aus Bremen kam, liegt dort begraben. Wir haben zusammen am Burgtheater gearbeitet. Ich finde es sehr schön, dass ich ihn besuchen kann, wenn ich dort arbeite. Das mache ich jedes Mal.

Bei Instagram habe ich gesehen, dass Sie viel rumkommen. Sie haben einen Schweizer Pass und chilenische Wurzeln. Besuchen Sie Ihre Familie in Chile regelmäßig?

Ich habe eine sehr große Familie mit über 120 Verwandten in Südamerika. Aber wegen Corona konnte ich sie lange nicht besuchen. Ich hoffe, dass ich dieses oder spätestens nächstes Jahr dahin fliegen kann.

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Als ich einer Freundin erzählte, dass ich Sie interviewe, war ihre Reaktion: Die hat bestimmt Haare auf den Zähnen. Bei meiner Recherche habe ich gelesen, dass Sie sich selbst als schüchtern einschätzen – Ist die Außenwahrnehmung eine andere als die, die Sie von sich selber haben?

(lacht) Wahrscheinlich ja. Die Außenwahrnehmung ist ja auch schon jahrelang, dass ich das enfant terrible des deutschen Films bin. Das kann ich nicht unterschreiben und sehe mich selber gar nicht so. Das kommt nur über Filme und Artikel, aber in denen kann man den Menschen dahinter ja auch nicht sehen.

Aber schätzen Sie sich wirklich als schüchtern ein? Das hat mich überrascht!

Ja, es gibt noch einige Überraschungen. In manchen Situationen in meinem Leben bin ich schüchtern.

Interview: Kristina Heuer