Veröffentlicht inTV

Nina Gummich: „Mit den Männern ist das ein wenig schwer“

Nina Gummich: „Mit den Männern ist das ein wenig schwer“

Theresa_Wolff_Waidwund4.jpg
Nina Gummich ist wieder als Dr. Theresa Wolff zu sehen. Credit: © ZDF/Steffen Junghans
„Charité“-Star Nina Gummich ermittelt wieder als „Theresa Wolff“. Im Interview verrät sie GOLDENE KAMERA wie sie für den „Polizeiruf 110“ eine Familienaufstellung durchführte.

Das Talent für ihren Beruf wurde ihr quasi in die Wiege gelegt. Ihre Mutter ist Schauspielerin und Regisseurin Anne-Kathrin Gummich, ihren Adoptivvater Hendrik Duryn kennen die Zuschauer insbesondere als Stefan Vollmer aus der RTL-Serie „Der Lehrer“. Kein Wunder also, dass Nina Gummich bereits mit 10 Jahren auf der Bühne stand und heute mit 31 Jahren eine sehr gefragte Schauspielerin ist. „Charité“, „Unter Leuten“ und „Babylon Berlin“ sind nur drei der Produktionen, an denen sie kürzlich beteiligt war. Derzeit steht sie als junge Alice Schwarzer für den ARD-Film über diese bekannte Frauenrechtlerin vor der Kamera. Am Samstag, den 7. Mai zeigt das ZDF um 20.15 die zweite Folge von „Theresa Wolff.

Darum geht’s in „Theresa Wolff – Waidwund“

In „Waidwund“ muss Rechtsmedizinerin Theresa Wolff ihre eigene Vergangenheit aufrollen. Dabei bekommt sie einen neuen Kommissaren gespielt von Aurel Manthei an die Seite gestellt. Thorsten Merten hat die Reihe verlassen.

Wir sprachen mit Nina Gummich was sie mit Merten verbunden hat, warum sie ihren neuen Kollegen Manthei anschreit und wie sie für den Magdeburger „Polizeiruf 110“ mit Claudia Michelsen eine Familienaufstellung durchgeführt hat.

Nina Gummich im Interview

GOLDENE KAMERA: Von wo rufen Sie mich an? Aus Potsdam, wo Sie wohnen oder aus Paris bzw. Köln, wo Sie derzeit drehen?

Nina Gummich (lachend): Ach, manchmal weiß ich das selber schon nicht mehr so genau. Jetzt aus Köln.

Sprich Sie stehen gerade für den ARD-Film über Alice Schwarzer vor der Kamera. Schwarzer sagte über Sie, sie würde in Ihnen die Lebenslust, die Leidenschaft und den ironischen Humor von sich selbst als junge Frau wiedererkennen. Wurde Ihnen die Rolle also auf den Leib geschrieben?

Leider darf ich über dieses Projekt noch nichts sagen. Aber es passiert mir ganz generell gesagt öfter, dass Menschen denken: „Das gibt es doch nicht. Das hat sie genau von mir.“ Wenn wir es so sehen, dass in uns Menschen alles steckt, dann können wir auch alles sein. Sprich ich habe das alles in mir und kann beim Dreh bestimmte Dinge hervorholen und andere Dinge ausblenden.

Und welche Dinge holen Sie bei Theresa Wolff hervor?

Sie ist jemand, der schon viel von mir hat. Da muss ich keinen großen Schritt zur Seite machen. Wir haben den gleichen Humor, die Lässigkeit und Trägheit mit Dingen umzugehen. Wir hauen voll raus, was wir gerade empfinden und was wir für die Wahrheit halten. Wir begegnen vielen ohne Angst vor Hierarchien und mischen uns in der Welt ein.

Bildergalerie: „Theresa Wolff – Waidwund“

Sie nähern sich ihren Rollen über Familienaufstellungen an. Wie kann man sich das bei Theresa Wolff vorstellen?

Ich gucke, warum spricht Theresa mit den Toten, welche Verbindung hat sie zur Natur, was kann man erzählen, was man vielleicht noch nicht gesehen hat. Das kann man über die Aufstellungsarbeit alles rausbekommen. Da ich die Rolle aber inzwischen kenne, mache ich es nur noch selten. Dafür leite ich andere Filmproduktionen an.

Welche denn?

Beispielsweise wurde ich vor kurzem vom einem „Polizeiruf 110“ gebucht. Die Schauspieler*innen schreiben auf Zettel die Rollennamen und fangen an zu erzählen, wie es ihnen geht und wie sie zueinanderstehen. Da entstehen Dynamiken, die durchs bloße Reden nie passiert wären. Beispielsweise frage ich den Täter: „Wenn Du jetzt alles sagen dürftest, ohne verurteilt zu werden, was würde aus dir rauskommen?“. Seine Antwort hört das ganze Team und Sie können sich gar nicht vorstellen, was das am Set für einen Unterschied macht.

Sie haben die Rolle wegen Thorsten Merten, mit dem Sie auch schon die Netflix-Serie „Das letzte Wort“ gedreht haben, angenommen. Haben Sie mit ihm eine Familienaufstellung gemacht?

Dem brauche ich mit so was nicht zu kommen. Der würde mich schief angucken. Stattdessen haben wir uns vor dem Dreh in Jena getroffen, sind durch die Wälder gestreift, haben Halt an Raststätten gemacht und gequatscht. Wir sind ein sehr gutes Team, telefonieren miteinander und ich freue mich schon auf die nächsten Projekte, die wir zusammen machen können.

Aber warum ist er aus der Reihe ausgestiegen?

Das müssen Sie Thorsten selber fragen.

Könnte er denn noch Mal wiederkommen?

Das weiß ich nicht. Theresa Wolf steht im Mittelpunkt und es wird getestet, was da um sie herum passt. Jetzt ist es Aurel (Manthei, Anm. d. Red.). Den habe ich bei „Charité“ kennengelernt. Wir hatten damals zwei Drehtage zusammen und ich habe gedacht: Diesen Mann muss ich noch mal wiedersehen. Als dann jemand für Theresa gesucht wurde, habe ich ihn sofort vorgeschlagen. Es ist total schön, wenn etwas so aufgeht und das Bauchgefühl stimmt.

Wäre denn Aurel für eine Familienaufstellung bereit? Wie arbeiten Sie zusammen?

(Lacht) Ich glaube, der würde mich auch schief angucken. Mit den Männern ist das immer ein wenig schwer. Aurel und ich sind totale Theatertiere. Wir sitzen bis nachts um eins zusammen und proben, schreien uns an und lachen. Wir können total gut ausfechten, was wir denken: „Wenn Du das so sagst, dann glaubt das kein Mensch“ – dabei brüllen wir uns an, schreiben was Neues auf und freuen uns am nächsten Tag was rausgekommen ist.

https://www.instagram.com/p/CdA9SusImSw/?utm_source=ig_embed&utm_campaign=loading

Das ist ja die gleiche Dynamik wie in den Rollen Lewandowski und Wolff. Sie schreien sich an und dann begraben sie wieder das Kriegsbeil bzw. in dieser Folge das „Fräulein“…

Ja, man weiß immer nicht, was zuerst da war. Spielen wir jetzt so, weil wir eh schon so miteinander sind oder sind wir so miteinander, weil wir es auch im Spiel so sein sollen. Das kann man am Ende gar nicht mehr auseinanderhalten.

Sie scheinen sich viel in die Produktion einbringen zu dürfen.

Ja, in dieser Folge habe ich mir zum Beispiel die Schlussszene am Grab selber geschrieben. Ich habe darauf gepocht, dass wenn Theresa schon mit Toten spricht, müssen wir das auch durchziehen. Ich stehe in engem Kontakt mit den Autoren und werde mich da immer mehr einbringen.

Haben Sie sich auch den Wolf dazu gedichtet?

(lacht) Ne, auf den würde ich am liebsten verzichten, weil ich vor ihm solch eine Angst habe. Die Produzentin schickt mir schon Karten, auf denen ein Wolf zu sehen ist. In diesem Teil musste das kleine Mädchen, das mich in jung spielt, ganz nah bei ihm sein und hat sogar die Schnauze berührt. Für die war das so selbstverständlich: „Ach ist der süß. Den nehme ich mit nach Hause.“ Ich dachte nur: Kind müsste man sein.

Ihr Krafttier würde also nicht so wie bei Theresa der Wolf werden?

(lacht) Mein Krafttier wäre ein Wolf aus hundert Meter Entfernung.

In „Charité“ beschäftigen sie sich mit schwerkranken Menschen, bei „Das letzte Wort“ und „Theresa Wolff “mit Toten. Geht Ihnen das aufs Gemüt?

Ich stelle mir schon häufig die Fragen, wie ich es schaffe, nach einer Produktion wieder ich selber zu sein. Wie kann ich bei mir bleiben? Geht das überhaupt? Das ist schon eine Aufgabe, die man üben muss. Nur lustig ist der Traumberuf Schauspielerin nicht.

Sie wurden durch ihre Schauspielerfamilie von klein auf an diesen Beruf herangeführt, standen mit 10 Jahren bereits auf der Bühne. Jetzt haben Sie sich zur Masseurin und zum Coach für Familienaufstellung ausbilden lassen. Wie hat sich die Schauspielerei für Sie über die letzten 20 Jahre verändert und könnten Sie sich vorstellen, damit aufzuhören?

Nein, dafür liebe ich es zu sehr. Die Schauspielerei ist quasi mein Zuhause. Viele nutzen ihren Beruf, um sich von daheim loszueisen. Bei mir ist es umgekehrt. Durch den Beruf kann ich quasi zuhause bleiben. Beim Dreh geht bei mir ein Maschinenwerk los, es läuft automatisch. Dafür liegen bei mir die Herausforderungen, die „Out of Comfort“-Zonen außerhalb der Arbeit. Die entdecke ich erst jetzt und finde es reizvoll, was anderes zu machen.

In welchen Produktionen dürfen wir Sie demnächst bewundern? Was drehen Sie noch?

Wir werden dieses Jahr noch zwei Teile „Theresa Wolff“ drehen. „Der Passfälscher“ startet im Oktober im Kino. Der Film „Für Jojo“ läuft im Sommer auf dem Münchner Filmfest. Das ist eine Coming of Age Story über zwei Freundinnen, die sich langsam, aber schmerzhaft voneinander trennen. Und es kommt der ZDF-Film „So laut du kannst“. Darin spiele ich ein Vergewaltigungsopfer, das durch K.O.-Tropfen missbraucht wird. Zeitgleich soll der Alice Schwarzer-Film erscheinen. Auf der einen Seite spiele ich also ein absolutes Frauenopfer und auf der anderen Seite stelle ich die Königin der Feministinnen dar – das ist schon eine sehr spannende Kombination.

Interview: Kristina Heuer