Dieser Krimi ist anders, diese Frau ist anders – und das auf eine sehr gute Art und Weise! Die „Ein Krimi aus Passau“-Reihe zeigt keine klassische Mördersuche, sondern brilliert mit spannenden Verstrickungen und dunklen Geheimnissen der gegen den Strich gebürsteten Charaktere.
Die Bildergalerie zu „Zu jung zu sterben. Ein Krimi aus Passau“
Die 3. Folge „Zu jung zu sterben“ läuft am Donnerstag, 31. März und steht bereits in der Mediathek zur Verfügung, die 4. Folge „Der Fluss ist sein Grab“ wird am Donnerstag, 7. April ausgestrahlt (jeweils um 20.15 Uhr im Ersten).
Auch die Hauptdarstellerin Marie Leuenberger ist keine Frau, die in eine Schublade passt. Die deutsch-schweizer Schauspielerin scheint weder auf ein Genre noch auf einen Rollentyp festgelegt zu sein. Würde man nach ihrem Alleinstellungsmerkmal suchen, so würden einige Zuschauer sicher ihre markante Nase und ihre direkte Art mit der Kamera zu kommunizieren, anführen. Im Interview mit GOLDENE KAMERA wirkt sie ebenfalls direkt, offen und vor allem interessiert. Sie nimmt sich Zeit. Und das, obwohl sie derzeit gefragt ist wie nie. In der Serie „Blackout“ (bei Joyn und demnächst bei Sat.1) über einen europaweiten Stromausfall spielt sie neben Moritz Bleibtreu Frauke Michelsen, die Leiterin des Krisenstabs. Im Kinofilm „Bis wir tot sind oder frei“ (ab dem 31. März im Kino), der von wahren Begebenheiten inspiriert ist, schlüpft sie in die Rolle der Anwältin Barbara Haug, die gegen das rückständige Schweizer Justizsystem ankämpfte und den Ausbrecherkönig Walter Stürm unterstützt. An ihrer Seite: Jella Haase und Joel Basman (lesen Sie hier das Interview zum Film).
Und jetzt ist sie zum dritten und vierten Mal als Frederike Bader neben Michael Ostrowski (hier im Interview) in „Ein Krimi aus Passau“ zu sehen.
Marie Leuenberger im Interview
Mein Glück ist es, dass ich Sie gleich zu drei sehr interessanten Frauenrollen befragen darf. Ich habe überlegt, was diese gemein haben. Vielleicht, dass Sie auf eine gewisse Art und Weise ohnmächtig sind. Ein Zustand, den Sie, wie Sie mal gesagt haben, privat am Schlimmsten finden…
Ich würde nicht sagen, dass sie ohnmächtig sind.
Aber sie sind gefangen in ausweglosen Situationen…
Ja, das passt besser. Wenn überhaupt ist die Leiterin des Nationalen Krisenstabs Frauke Michelsen in „Blackout“ am ohnmächtigsten: Sie weiß nicht, wo ihre Kinder sind und hat kaum Handlungsmöglichkeiten. Anwältin Barbara Hug in „Bis wir tot sind oder frei“ ist gefangen in ihrem kaputten Körper und ihren Schmerzen. Aber sie kämpft wie eine Wahnsinnige und nimmt dabei kein Blatt vor den Mund. Da würde ich sie auf ihre Weise schon fast eher als Täterin und weniger als ohnmächtig deklarieren.
Und Frederike Bader aus dem „Krimi aus Passau“?
Sie ist wiederum unfreiwillig in einer Lebenssituation, nämlich dem Zeugenschutzprogramm, aus der sie eigenmächtig nicht herauskann. Damit ist sie zwar ohnmächtig, aber zugleich gibt sie nicht auf und stellt sich trotzig den Umständen. Sie liebt ihren Beruf und wenn sie nicht als Polizistin ermitteln kann, dann macht sie es eben als Privatperson.
Frederike Bader hat zu ihrer Adoptivtochter eine Beziehung voller Höhen und Tiefen…
Ja, die beiden sind durch das, was ihnen in der Vergangenheit passiert ist, wahnsinnig ineinander verstrickt. Mia hat echt scheiße gebaut, weswegen sie ja schließlich im Zeugenschutzprogramm in Passau gelandet sind. Passau ist im Vergleich zu Berlin für die beiden nicht gerade das Paradies. Es ist sehr klein und hat andere Sachen zu bieten. Frederike und Mia haben sich zudem immer wieder angelogen, was zu viel Misstrauen zwischen den beiden geführt hat. Das bessert sich erst jetzt langsam in den beiden neuen Folgen.
Sie haben mal gesagt, für Sie sei es im Leben das Wichtigste immer eine gute Beziehung zu ihren Kindern, die sieben und neun Jahre alt sind, zu haben. Gelingt Ihnen das?
Meine Kinder sind noch Kinder, deswegen sind gewisse Konflikte noch kein Thema. Meine Hoffnung ist, dass wenn sie erwachsen werden, wir immer über Konflikte reden und stets im Gespräch miteinander bleiben können. Wenn ich als Mutter auch informiert werde, kann ich sie beraten und begleiten, wenn es schwierig wird.
Auch die Beziehung von Frederike zum Privatdetektiv Ferdinand Zankl verändert sich.
Ja, im ersten Teil war er noch der absolute Feind, den Frederike bedroht hat. Im zweiten Teil musste sie dann feststellen, dass er ihr das Leben gerettet hat und sie ihm zu Dankbarkeit verpflichtet ist. Am Ende des zweiten Teils entsorgen Frederike, Mia und Zankl ja sogar gemeinsam eine Leiche. Nun im dritten Teil macht Zankl Frederike das Angebot, mit ihr zusammen zu ermitteln, was auch Vertrauen voraussetzt. Sie nimmt es dankend an, weil sie dadurch quasi wieder in ihrem alten Job arbeiten kann.
Nur leider nicht offiziell als Kommissarin…
Nein, dafür aber mit ganz neuen Freiheiten, weil sie keinen Polizeiapparat im Rücken hat. Frederike kann völlig frei recherchieren und muss bei niemandem Rechenschaft ablegen. Zankl arbeitet zudem unkonventionell und manchmal sogar mit altmodischen Mitteln. Das für mich Spannende an der Reihe ist, dass keiner an einer Tür klingelt, den Polizeiausweis vorzeigt und fragt kann: „Wo waren Sie dann und dann?“ Die beiden müssen immer irgendwie anders an die Informationen kommen. Beispielsweise bricht Frederike ein, was sie als Polizistin nie gedurft hätte. Dadurch hebt die Reihe sich von anderen Krimis ab. Das deutsche Fernsehen ist sehr Krimi-lastig und ich wünsche mir mehr solche Drehbücher, die vom Mordmotiv weggehen.
Das ist nur leider gerade in der neuen 3. Folge, die ich persönlich im Vergleich gerade zur ersten und vierten Folge schwächer finde, nicht der Fall.
In der 3. Folge geht es eher um einen Fall und weniger um die Geschichte der Figuren. Ich finde es auch spannend, wenn die Charaktere immer wieder von ihrer Vergangenheit eingeholt werden. Zum Glück haben wir Schauspieler*Innen bei der Entwicklung des Drehbuchs ein gewisses, kleines Mitspracherecht und ich hoffe sehr, dass wir da dranbleiben und in Zukunft weiterhin nicht einfach nur Fälle gelöst werden.
Wie sieht denn die Zukunft vom Krimi aus Passau aus?
Momentan drehen wir den fünften Teil. Darin geht es diesmal um die Vergangenheit von Jochen Mohn, dem Betreuer aus dem Zeugenschutzprogramm, der mittlerweile bei der Polizei in Passau gelandet ist. Wir planen dann im Laufe des Jahres noch eine weitere Folge zu drehen. Sprich der fünfte und der sechste Fall werden für sich stehen und nicht wie sonst direkt hintereinander ausgestrahlt.
Eine letzte Frage: Wie mutig sind Sie privat im Vergleich zu Frederike?
In Gefahrensituationen bin ich viel ängstlicher als Frederike. Aber ich bin anders mutig: lebensmutig! Sie greift an, wenn sie bedroht wird. Da würde ich eher flüchten, gerade wenn es um Gewalt geht. Wenn aber für mich die Herausforderungen im Leben groß sind, dann bekomme ich auch Lust anzupacken. Ich versuche die Hürden im Leben immer sportlich zu nehmen.
Interview: Kristina Heuer