Arbeitsplätze und Steuereinahmen im Gegenzug für Trinkwasser? Während in den letzten Jahrzehnten diese Möglichkeit von Politikern genutzt wurde, haben es die Großkonzerne nun schwieriger, einen solchen Deal zu erlangen. Klimawandel und Erfahrungen zeigen schließlich, dass unser Trinkwasser keineswegs gesichert ist. Der Film „Bis zum letzten Tropfen“ (Mittwoch, 16. März, 20.15 Uhr im Ersten und bereits in der Mediathek) ist von wahren Begebenheiten inspiriert und weckt ein Bewusstsein für das Verschwenden von Ressourcen.
Darum geht’s in „Bis zum letzten Tropfen“
Aus dem Radio ertönt die Nachricht der Feuerwehr: „Die Trinkwasserversorgung in Lauterbronn ist gestört.“ Ein Mann übergießt sich mit Benzin, zündet sich dann an. Was ist passiert?
Rückblick: 6 Wochen zuvor: Bürgermeister Martin Sommer (Sebastian Bezzel) macht die leere Kasse im Rathaus zunehmend zu schaffen. Da kommt dem Witwer das Angebot des Managers Rainer Gebhard (Ulrich Tukur) gerade recht. Gebhard vertritt den Großkonzern PureAqua, der in Lauterbronn den alteingesessenen, aber insolventen Wasserhersteller Lauter UrQuelle übernehmen und unter dem Traditionsnamen weiterführen will. Das Ziel: Wasser aus 200 Meter Tiefe zu fördern. Da es sich um Tiefengrundwasser handelt, versichert auch die Referentin aus dem Umweltministerium Julia Roland (Karoline Schuch), die Wasserversorgung sei so nicht gefährdet.
Sommers Tochter Ava (Hannah Schiller) und sein alter Freund, der Landwirt Bernhard Schultz (Michael Roll) sehen das anders. Sie halten die Teilprivatisierung der Grundwasservorkommen für einen Skandal. Ein Gutachten, welches die Leiterin des örtlichen Wasserwerks ausführt, soll Klarheit bringen. Tatsächlich bescheinigt Amira König (Neda Rahmanian) ein quasi unerschöpfliches Grundwasservorkommen, so dass Sommer dem Deal zustimmt. Er erhofft sich nun neue Arbeitsplätze und Steuergelder. Doch die Fronten verhärten sich und die Situation eskaliert. Selbst die kurz vor der Pension stehende Polizistin Charly (Michaela May) kann das Schlimmste nicht mehr verhindern.
Hintergrund
Die Geschichte vom Filmemacher Daniel Harrich erinnert an wahre Begebenheiten: Seit 2007 fordert der Coca-Cola-Konzern in der niedersächsischen Stadt Lüneburg Tiefengrundwasser. Als der Getränkehersteller 2017 Schritte für den Bau eines dritten Brunnen einleitete, stellten sich die Bürger auf die Barrikaden, so dass die Pläne derzeit auf Eis liegen. In Vittel, einer Stadt in Frankreich fördert der Konzern Nestlé bereits so viel Grundwasser, dass der Spiegel jährlich um 30 Zentimeter sinkt und die Versorgung für die Bürger ab 2050 nicht mehr gewährleistet sein könnte.
Harrich sagt: „Was wirklich niemand erwartet hätte ist, dass wir in Nordeuropa einen Wassermangel haben könnten – dass das mal ein Phänomen wird – das hat niemand geahnt. Als aber Professor Martin Grambow als Vorsitzender der Bund/Länder-Arbeitsgemeinschaft Wasser dies im Interview für unser ARD-EVENT sagte, wurde mir bewusst, wie bedrohlich die Situation tatsächlich ist. Den Klimawandel erleben wir als eine Art Katastrophe in Zeitlupe. Die allmählich voranschreitenden Veränderungen nehmen wir erst jetzt langsam wirklich wahr.“
Im Anschluss an den Film zeigt Das Erste um 21.45 Uhr „Bis zum letzten Tropfen: Die Doku“. Dieser erzählt die reale Geschichte aus Lüneburg.
GOLDENE KAMERA TV-Tipp, weil…
Finanzielle Schwierigkeiten in der Provinz, die Verschwendung von Ressourcen und die Privatisierung von Trinkwasser – Letzteres ist ein wichtiges Thema, das wir hier in Deutschland vielleicht zu lange nicht auf der Agenda hatten. Die damit verbundene Problematik kommt in „Bis zum letzten Tropfen“ zunächst ganz harmlos daher.
Wie schon in seiner Rolle als „Eberhofer“ wirkt auch hier Sebastian Bezzel etwas naiv, liebenswürdig, irgendwie „dörflich“ und insgesamt einfach sympathisch. Ein Mensch, der auf Traditionen setzt, es eigentlich nur gut meint und dem man nicht lange böse sein kann. Diese Art Rollen scheinen Bezzel auf den Leib geschrieben zu sein. Sein Spiel ist in jeder Sekunde glaubwürdig. Auch Karoline Schuch passt als Gegenpart zu ihm, wenngleich ihre neue Haarfarbe von ihrer an sich guten Performance ablenkt. Die Charaktere sind durchweg liebevoll gezeichnet: Michael Roll als grantelnder Bauer, Michaela May als fast pensionierte Polizistin unser Preisträger Ulrich Tukur als undurchsichtiger Top-Manager. Der Film ist erstklassig besetzt und wir fühlen uns fast schon selbst wie ein Teil von Lauterbronn.
Der Kontrast aus Landidylle und fahrlässiger Umweltzerstörung machen zudem diesen sehr sehenswerten Film, der mit Westernelementen angereichert wurde, aus.