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Axel Prahl: „Mein Herz ist ein Omnibus“

Axel Prahl: „Mein Herz ist ein Omnibus“

Marko Wendrichs (Axel Prahl, links) fährt Tiefkühlkost aus., Markos (Axel Prahl) Ärztin (Narges Rashidi) redet ihm ins Gewissen., Vater (Axel Prahl, links) und Sohn (Merlin Rose) in Eintracht., Marko Wendrichs (Axel Prahl) und Frau Horn (Christine Schorn) schauen Soaps im Fernsehen., Jan Josef Liefers und Axel Prahl wurden für ihre Rollen im "Tatort: Münster" 2011 als "Bestes Ermittler-Team" (Leserwahl) ausgezeichnet. Der Rechtsmediziner Boerne und Kommissar Thiel ermitteln seit 2002. Ein Ende ist nicht in Sicht., Vanessa Mai und Axel Prahl in "Nur mit Dir"., Axel Prahl im "Tatort: Propheteus" (Sonntag, 6. März, 20.15 Uhr im Ersten)
Marko Wendrichs (Axel Prahl, links) fährt Tiefkühlkost aus., Markos (Axel Prahl) Ärztin (Narges Rashidi) redet ihm ins Gewissen., Vater (Axel Prahl, links) und Sohn (Merlin Rose) in Eintracht., Marko Wendrichs (Axel Prahl) und Frau Horn (Christine Schorn) schauen Soaps im Fernsehen., Jan Josef Liefers und Axel Prahl wurden für ihre Rollen im "Tatort: Münster" 2011 als "Bestes Ermittler-Team" (Leserwahl) ausgezeichnet. Der Rechtsmediziner Boerne und Kommissar Thiel ermitteln seit 2002. Ein Ende ist nicht in Sicht., Vanessa Mai und Axel Prahl in "Nur mit Dir"., Axel Prahl im "Tatort: Propheteus" (Sonntag, 6. März, 20.15 Uhr im Ersten) Credit: Foto: © NDR/Gordon Timpen
Axel Prahl spielt in „Eisland“ einen Gefrierwaren-Lieferanten, der auf die schiefe Bahn gerät. Im Interview verrät uns der „Tatort“-Star was er mit der Rolle gemein hat.

GOLDENE KAMERA-Preisträger von 2011 Axel Prahl überrascht in „Eisland“ (Mittwoch, 16. Februar, 20.15 Uhr im Ersten) mit einer neuen charmanten Rolle, in der er auf die falsche Seite des Gesetzes tritt.

Darum geht’s in „Eisland“

Marko Wendrichs (Axel Prahl) arbeitet seit fast 30 Jahren als Lieferant für Gefrierwaren. Als seine Ärztin Amira Navid (Narges Rashidi) ihm nach einem schweren Bandscheibenvorfall rät, sich umschulen zu lassen oder in Frührente zu gehen, steht Wendrichs vor dem finanziellen Ruin. Dabei möchte er, dass sein Sohn Steffen (Merlin Rose) es eines Tages besser hat als er. Mit zwei seiner älteren Kundinnen – Ingeborg Meuer (Inge Maux) und Charlotte Horn (Christine Schorn) – hat Wendrichs sich inzwischen auch privat angefreundet. Als diese Damen kurz nacheinander versterben, sieht Wendrichs eine Möglichkeit, an Geld zu kommen.

Axel Prahl im Interview

Sie haben früher als Bierlieferant gearbeitet. Gab es da Parallelen zu Ihrer Rolle als Marko Wendrichs?

Damals war ich jung, Student, Anfang 20, agil und sportlich. Ich fühlte mich wie der King mit einem 7,5 Tonner durch die Gegend zu fahren und erst recht beim Rückwärtseinparken. Wir hatten auch Privatkunden und ich musste Wasserkästen vier Stockwerke hochschleppen. Zu dem Zeitpunkt gab es auch noch 100 Liter Fässer. Da hätte das mit dem Bandscheibenvorfall schon klappen können.

Das klappte aber erst später….

Richtig, ein Jahr nach dem Dreh zu Eisland bekam ich tatsächlich einen Bandscheibenvorfall. Wie Marko Wendrichs habe ich mir einen wunderschönen Gymnastikball mit Turnmatte zugelegt. Da liege ich dann mit den Beinen auf dem Hüpfball, linkes Bein hoch und wieder runter, rechtes Bein hoch und wieder runter usw.…

Schlafen Sie so wie Marko Wendrichs im Film dabei auch ein?

Nein, ich vernachlässige es schon mal. Aber wenn der Rücken sich bemerkbar macht, fange ich immer ganz schnell wieder an.

Sind Sie so wie der Sohn, eine Koryphäe in der Küche, oder stehen Sie eher wie der Vater auf Tiefkühlpizza?

Ich bin eher wie der Sohn. Kochen hat für mich etwas Sinnliches. Allerdings wohne ich ja etwas außerhalb und deshalb kaufe ich nur einmal in der Woche ein und friere auch viel Essen ein.

Waren Ihre Kunden damals auch ältere Menschen, die einsam waren?

Das war eher selten. Häufig haben die Enkel die Flaschen entgegengenommen. Der Familienverband war, meines Erachtens, damals doch noch etwas stärker. Ich habe das Gefühl, dass die Vereinsamung im Alter, vor allem in den Ballungszentren der Städte, stark zugenommen hat.

Nach seinem Bandscheibenvorfall steht Marko ja vor ernsten finanziellen Schwierigkeiten. Was denken Sie hätte er, anstatt kriminell zu werden, tun sollen?

Einer der wichtigsten Sätze des Films ist für mich, wenn Marko zu seinem Sohn sagt: „Da habe ich 30 Jahre lang tiefgefrorene Pizza ausgefahren, um Dich großzuziehen und kann jetzt noch nicht mal meine Miete bezahlen – Ist das gerecht?“ Ich meine, das ist doch wirklich sowas von bitter. Aber das rechtfertigt natürlich nicht sein kriminelles Handeln. Eine Umschulung wäre vielleicht schon eine Möglichkeit gewesen. In erster Linie hätte er aber reden sollen. Menschen, die reden, denen kann geholfen werden. Es hätte mit Sicherheit auch eine andere Lösung für ihn gegeben. Zum Beispiel mit einem 400 Euro Job als Aufsicht in einer Spielhalle oder als Hundegassigeher oder eine andere Arbeit bei der er seinen Rücken nicht belastet hätte.

Was würden Sie machen, wenn Sie nicht mehr arbeiten könnten?

Also langweilig wird mir sicher nicht. Es gibt so viele Dinge, die mich interessieren. Ich würde zum Beispiel immer meine Musik machen. Musik gibt so viel Lebenskraft. Ich würde auch im hohen Alter, mit Bandscheibenvorfall, im Sitzen Musik machen. Oder malen, ich male auch sehr gern.

Im Film treffen Sie auf Roland Kaiser. Dies war ja nicht ihre erste Zusammenarbeit. Kürzlich haben Sie für die „Ein Herz für Kinder“-Gala einen Song zusammen aufgenommen. Wie kam es dazu?

Roland hatte im „Tatort: Summ, Summ, Summ“ eine relativ große Rolle. Da haben wir uns angefreundet. Damals haben wir bei einer Tasse Kaffee oder einem Glas Wein zusammengesessen, über das Leben sinniert und festgestellt, dass wir sehr ähnliche Ansichten haben. Obwohl Jan (Josef Liefers, Anm. d. Red.), Roland und ich sehr unterschiedliche Musik machen, entstand schon damals die Idee, einen Song zusammen zu machen.

Sie haben mit Andreas Dresen, Vanessa Mai, Judith Holofernes von „Wir sind Helden“ und Udo Lindenberg bereits musiziert – wie funktioniert es mit so unterschiedlichen Künstlern zusammen zu arbeiten?

Ganz wunderbar! In Sachen Musik ist mein Herz ein Omnibus, ich mag sehr viele, sehr unterschiedliche Musikstile. Blues, Jazz, Folk, Klassik…ich bin auch immer sehr neugierig und experimentierfreudig. Mir ist bei einem Musiker eher dessen Gesinnung als der Musikstil an sich wichtig.

Mit wem würden Sie gern Musik machen?

Das ist ein weites Feld. Wenn ich drei Wünsche frei hätte? Hannes Wader, Neil Young und Peter Gabriel, der ist mein Musikgott.

Mit der Band Knorkator haben Sie den Song „Setz dich hin“ gemacht, der auch Kritik am Fernsehen gucken äußert. Schauen Sie sich Trash-TV wie Dschungelcamp usw. an?

Nein, überhaupt nicht. Diese Art Sendungen schaue ich nicht und bin darin auch nicht bewandert.

Haben Sie Angst, dass der „Tatort“ zu trashig wird?

Nein, ganz sicher nicht! Ich würde gar nicht auf die Idee kommen, diese Begriffe in einen Zusammenhang zu bringen. Wir wollen unterhalten, den Zuschauern einen schönen runden Abend bescheren. Dazu gehört das Rätselraten, wer der Mörder ist und oft auch das Humorige.

Schießen Sie dabei manchmal auch über das Ziel hinaus?

Das sieht sicher jeder anders und manchmal sind wir uns beim Drehen auch selbst nicht sicher. Aber wenn uns am Set ein Witz einfällt, drehen wir den und dann zusätzlich noch Mal die gleiche Szene ohne Gimmick. Der Schnitt entscheidet dann, ob der drin´ bleibt, oder nicht. Aber wir hören bei fast jedem Tatort sowohl, dass es zu viel Humor war, als auch, dass zu wenig Humor war und wieder andere fanden das Maß genau richtig und waren begeistert. Das ist eben ein ganz individuelles Empfinden. Allen Menschen recht getan, ist eine Kunst, die niemand kann.

Haben Sie auch schon mal Witze aus dem Drehbuch abgelehnt?

Natürlich gab es das schon. Aber meistens machen wir vor Drehbeginn eine sogenannte Leseprobe, in der das dann noch gemeinsam mit der Regie und der Redaktion besprochen wird. Was aber am wichtigsten ist, ist die Spannung. Die darf, meines Erachtens, auf keinen Fall zu kurz kommen. Der Münster-Tatort muss ja auch nicht zwangsläufig immer humorig sein. Wir hatten ja auch schon sehr ernste Fälle, wie „Wolfsstunde“ zum Beispiel, mit dem Vergewaltiger. Der war geradezu gruselig und sehr nah an der Realität.

Wie stellen Sie sich die Zukunft des Münsteraner „Tatortes“ vor?

Wir sollten auf jeden Fall versuchen überraschend und waghalsig zu bleiben. Wer nicht wagt, der nicht gewinnt! Klar, kann man damit auch mal auf die Nase fallen oder über das Ziel hinausschießen. Aber wenn wir nicht den Mut haben, Dinge auszuprobieren, dann sind wir eigentlich schon zum Scheitern verurteilt.

Im neuen „Tatort: Propheteus“ ist das Opfer ein kaufsüchtiger Mann. Worum geht es?

Dieser Fall handelt in erster Linie vom Verfassungsschutz und beschäftigt sich mit Verschwörungstheoretikern.

Und wie geht es beim „Tatort“ weiter?

Zeitgleich mit der Ausstrahlung vom „Tatort: Propheteus“ beginnen in Münster auch schon wieder die Dreharbeiten für den nächsten Fall, in dem es um Tricksereien und einen Pflichtverteidiger geht. Ich freue mich schon, wenn dann wieder die gesamte „Tatort“-Familie zugegen sein wird.

Welche Projekte stehen in nächster Zeit noch bei Ihnen an?

Geplant ist eine dritte Folge von „Extraklasse“ und ich habe gerade eine limitierte Vinylschallplatte herausgebracht: TIMPETE, ein Song auf Plattdeutsch. Das ist die Geschichte von „Der Fischer und seine Frau“. Dieses Märchen passt thematisch ganz gut zu meinen Langspielplatten MEHR und BLICK AUFS MEHR. Im Sommer sind auch wieder einige Konzerte geplant. Ich hoffe inständig, dass wir die auch spielen dürfen.

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Wie stark beeinflusst Sie Ihr Ruhm?

Nun ja, man muss sich ja immer irgendwie verhalten. Klar, ich bin mittlerweile ein Mensch der öffentlichen Wahrnehmung. Ergo versuche ich mit Zurückhaltung zu agieren. Vor allem, seitdem alle immer sofort das Handy zücken. Wenn ich beispielsweise an den Strand gehe und mich ausziehe, um ins Wasser zu gehen, achte ich schon darauf, wo das ist und wer da noch so drum herum liegt.

Hat sich durch den Erfolg auch Ihr Charakter verändert?

Nein, das glaube ich nicht. Ich versuche jedenfalls immer mit beiden Füßen auf dem Boden zu bleiben. Außerdem sehe ich schon auch den permanenten Abgrund, der vor einem liegt. So schnell wie man nach oben kommt, so schnell kann man auch wieder runterkommen.

Interview: Kristina Heuer