Eric Stehfest (31) sorgte in den vergangenen Tagen immer wieder mit seinem Verhalten im Dschungelcamp für Schlagzeilen. Ist er kühl und berechnend oder misstrauisch und verletzt? Aus dem ehemaligen GZSZ-Schauspieler wird man nicht so recht schlau. Dass Eric so ist, wie er ist, liegt auch an seiner Vergangenheit. Diese ist vor allem von einer zehn Jahre andauernden Crystal-Meth-Sucht geprägt. 2017 veröffentlichte er ein Buch über seine Vergangenheit, 2020 wurde „9 Tage wach“ von ProSieben aufgegriffen und verfilmt. Anlässlich der Ausstrahlung damals führte HÖRZU / GOLDENE KAMERA ein Interview mit dem Schauspieler. Einige Auszüge gibt es hier:
Crystal Meth ist eine Droge, die menschliche Gefühle ausschaltet. Ist das das Gefährliche daran?
Eric Stehfest: Sie schaltet Gefühle nicht aus, sondern macht Negativgefühle erträglich – wobei das Problem ist, dass man das wahre Ausmaß seiner Probleme nicht mehr spürt. Für viele Menschen ist dieses Taubheitsgefühl eine Form von Überlebensinstinkt, beispielsweise, weil sie dermaßen grausame Kindheitserlebnisse hatten, dass sie sich eigentlich das Leben nehmen würden, und nur von einer Droge wie Crystal Meth davon abgehalten werden. Leider jedoch verhindert Crystal Meth gleichzeitig, dass wir uns die Freiheit schenken, alles fühlen zu dürfen und zu müssen – und unsere Erlebnisse zu verarbeiten. Denn mit der Droge bleibt man immer in einer Art schulkindlichem Alter stecken – beziehungsweise in der Entwicklungsphase, in der der Konsum angefangen hat.
Angeblich sind sämtliche Drogensüchte, beispielsweise Koks- oder Heroinsucht, in dem Moment wie weggeblasen, wenn man das erste Mal Meth konsumiert. Stimmt dieser Mythos?
Eric Stehfest: Das würde ich pauschal nicht sagen. Was man aber sagen kann, ist, dass jeder Mensch eine Art „Werkzeugkoffer“ mit sich trägt, der zum jeweiligen Charakter passt. Sinngemäß brauchen manche Leute einen Schraubenschlüssel, um sich festzuziehen, während andere einen Lappen brauchen, um sich zu polieren. Übertragen heißt das, manche Menschen brauchen eher Heroin – eine Droge, die man auch den „Schleier der Mutter“ nennt, weil sie einen „umarmt“ wie eine liebende Mutter. Andere hingegen wollen nicht eingelullt werden, sondern maschinell funktionieren. Für die sind Amphetamine interessanter.
Ist Meth die härteste Droge der Welt?
Eric Stehfest: Ich glaube, dass unsere Welt noch Drogen bereithält, von denen ich noch nicht einmal träume. Aber Crystal Meth ist etwas anderes – nämlich ein Chamäleon, das durch jedes Jahrzehnt oder Jahrhundert schleicht, um Unheil anzustiften. Hitlers Soldaten beispielsweise schluckten Pervitin, um zugedröhnt Blitzkriege zu gewinnen – dabei ist Pervitin das heutige Crystal Meth. Crystal ist definitiv eine der härtesten Drogen der Welt.
Sie haben als süchtiger Schauspieler ein Doppelleben geführt. Glauben Sie, es gibt mehrere Schauspieler, denen Meth beim Funktionieren hilft?
Eric Stehfest: Ich erinnere mich noch an die Schauspielschule. Damals habe ich unter Meth gespielt und es war scheußlich im Sinne von wahnsinnig schlecht. Keine Ahnung, ob die Qualitätsstandards sich seit damals geändert haben, und ob solche Leistungen vielleicht heutzutage an manchen Berliner Bühnen gefragt sind. Denn es wird immer extremer, wie wahnsinnig ein Mensch auf der Bühne wirken soll. Aber höchstwahrscheinlich sind dabei eher Drogen wie Koks und Alkohol im Spiel.
Haben Sie Meth jemals gespritzt?
Eric Stehfest: Nein, ich hatte immer Angst vor Spritzen. Ich habe immer befürchtet, dass ich eine Ader oder eine Vene treffe und anschließend sterbe. Ich habe Meth nur geraucht und gezogen, aber spritzen war mir nie geheuer.
Stimmt der Spruch: Einmal süchtig, immer süchtig?
Eric Stehfest: Wichtig ist, dass man ehrlich zu sich ist, und erkennt, wer man ist – und anschließend eine spannendere Droge findet. Denn man kann etwas Spannenderes finden, was einen ebenfalls berauscht. Ohne Rausch bleibt uns nicht mehr so viel.
Sucht am Set? Das sagt Eric zu seinem GZSZ-Drehstart
Als Sie bei GZSZ anfingen, waren Sie schon mit dem Entzug durch – oder?
Eric Stehfest: Genau, das hörte damals gerade auf. Es gab nochmal die eine oder andere Weihnachtsfeier, wo ich ein bisschen gekokst habe, aber danach war es vorbei.
Haben Sie den Kollegen bei GZSZ damals gesagt, was mit Ihnen los war oder war das ein Geheimnis?
Eric Stehfest: Das weiß ich gar nicht mehr (lacht). Ich glaube, ich habe mich relativ schnell dafür entschieden, mit der Geschichte rauszugehen – in Absprache mit der Produktion.
Eric Stehfests Entschluss mit den Drogen aufzuhören
Wann haben Sie Ihre letzte Line gezogen?
Eric Stehfest: Zusammen mit meiner Frau Edith bin ich einmal rückfällig geworden. Als ich sie kennenlernte, war sie noch methsüchtig, und während wir hart daran arbeiteten, sie da rauszuholen, waren wir mal auf einer Technoparty, haben ein paar Gin Tonic getrunken und anschließend eine Line gezogen. Seitdem trinke ich keinen Alkohol mehr, weil die Hemmschwelle dann sofort flöten geht – und ich kein Halten mehr kenne.
Haben Sie gesundheitliche Langzeitschäden vom Konsum?
Eric Stehfest: Ich werde niemals ein normales, gutbürgerliches Leben führen. Das kommt für mich einfach nicht in Frage. Ich bekomme Plaque, wenn ich an einen Vorgarten denke und an gemähten Rasen. Ich kann mir nicht vorstellen, in einem Haus am See alt zu werden. Dieses Gefühl von Glück, dieses kommerzielle Bild, das man hat, wenn man seinen Bausparvertrag unterschreibt, das habe ich nicht. Ich glaube, meine Punk-Zeit und meine wirkliche Form von Rebellion beginnt erst jetzt – weil ich jetzt erst den Mut habe, meine Stimme zu benutzen, während Drogenkonsum nicht mehr das ist, was ich unter Rebellion verstehe. Deswegen fühlt sich der Schaden, den ich erlitten habe, eigentlich ganz gut an.
Das ganze Interview mit Eric Stehfest können Sie hier nachlesen:
Eric Stehfest: „Die Schauspielbranche ist versauter als alle anderen Bereiche“