Der Mann flieht auf einem Rad. Staunend beobachtet Franka, wie er vor der Polizei davonfährt und in einer Gasse verschwindet. Hier ist er sicher. Vorerst. Als er sein Versteck verlässt, verliert er Zettel: Einladungen zu einem Friedensgebet. Verfolgt man ihn deshalb? Franka wird neugierig.
Der Film zum Bestseller „Die unheimliche Leichtigkeit der Revolution“ (Mittwoch, 28. April, 20.15 Uhr im Ersten und bereits in der Mediathek) erzählt eine Geschichte aus dem Leipzig der späten 1980er.
Darum geht’s in „Die unheimliche Leichtigkeit der Revolution“
Die 19-jährige Franka, Tochter einer systemtreuen SED-Genossin, zweifelt am Regime, sieht aber keinen Weg, etwas zu ändern. „Sie möchte die Situation in der DDR verbessern, frei ihre Meinung äußern dürfen“, sagt Darstellerin Janina Fautz im Interview. „Doch seit Kindertagen wird ihr eingeredet, dies sei nicht machbar. Ihre zufällige Begegnung mit dem Fremden eröffnet neue Möglichkeiten, die sie vorher nicht gesehen hat.“
Franka folgt der Einladung und nimmt an einer Umweltandacht in der Kirche teil. Jede Woche treffen sich dort junge Menschen, um im vermeintlichen Schutz des Gotteshauses über Missstände zu sprechen. Franka ist fasziniert von der Unbeschwertheit der Aktivisten: nächtelange Diskussionen unter freiem Himmel, Wohnen im Abrisshaus, Flirts, Protestaktionen. Die Gruppe lebt für ihre Ideen. „Umweltaspekte sind ihnen zwar wichtig, aber eigentlich geht es um so viel mehr“, sagt Fautz. „Sie fordern die Grundpfeiler der Demokratie ein: Versammlungsfreiheit, freie Meinungsäußerungen. Dinge, die für uns heute selbstverständlich scheinen.“
Hintergrund
Das Drama basiert auf dem Sachbuch von Peter Wensierski – und damit auf wahren Begebenheiten. Ab September 1982 organisiert die „Junge Gemeinde“ in Leipzig Friedensgebete, ab Ende November finden diese wöchentlich in der Nikolaikirche statt. Im Laufe der Jahre werden die Gebete zunehmend politisch – zum Missfallen des Kirchenvorstandes. Trotzdem finden sie weiter statt, immer mehr Menschen nehmen teil. Als der Staat versucht, auf die Inhalte Einfluss zu nehmen, verlagern sich die Treffen auf die Straße.
Wie das Buch konzentriert sich der Film auf die „Arbeitsgruppe Umwelt“, also auf einen Teilaspekt der Proteste. Verschmutzte Luft, verdreckte Gewässer: für die jungen Leute nicht mehr tragbar. Unter ständiger Beobachtung der Stasi riskieren sie ihre Freiheit, um für ihre Ziele einzustehen.
Am 5. Juni 1988 organisieren sie einen Demonstrationszug am Fluss Pleiße. „Bei solchen Veranstaltungen diente die Umwelt vor allem als Deckmantel, um sich gegen das politische System aufzulehnen“, sagt Janina Fautz. „In Wirklichkeit sollte den Regierenden klargemacht werden, dass ihre Macht nicht grenzenlos ist.“ Die 25-jährige Darstellerin tauchte vor dem Dreh tief in die aufwühlende Zeit ein: „Ich hatte das große Glück, jemanden zu kennen, der selbst Teil einer solchen Umweltgruppe in Berlin war: Durch Tim Eisenlohr und seine Erfahrungsberichte konnte ich besser nachvollziehen, was junge Leute damals angetrieben hat und welche Ängste sie ausstehen mussten“, so Fautz.
Alexander Hörbe, der Frankas Vater spielt, protestierte in Berlin einst selbst. „Uns erschien das System immer in Stein gemeißelt“, so der heute 52-jährige Schauspieler. „Dann kam die Zeit des Umbruchs, und man hat sich eingesetzt.“ Lernen, so Hörbe, könne man davon auch nach über 30 Jahren noch: „Engagement lohnt sich – damals ebenso wie heute.“