Veröffentlicht inStreaming

Danny Boyle haucht im Musikdrama „Pistol“ der Band neues Leben ein

Danny Boyle haucht im Musikdrama „Pistol“ der Band neues Leben ein

pistol6.jpg
Szene auf der Miniserie "Pistol". Credit: ©FX Network
Mission: Anarchie und Lärm! Danny Boyle („Trainspotting“) rollt die kurze, sehr heftige Karriere der Sex Pistols auf, die auch modisch Generationen prägten.

„Kommt zu unserem Gig. Wir sind furchtbar!“ So fröhlich wirbt Johnny Rotten in „Pistol“ (Die Miniserie läuft ab Mittwoch, 28. September bei Disney+) für den ersten Auftritt seiner Band: Am 6. November 1975 spielen die Londoner Sex Pistols vor rund zwanzig Leuten in der Saint Martin’s School of Art. Nach knapp fünfzehn Minuten ufert das Konzert zur Prügelei aus. Ein legendärer Meilenstein in der Geschichte der Punkrocker, die mit rüder Ihr-könnt-uns-Attitüde Krach schlugen, den Slogan „No Future“ prägten und Großbritannien bis ins Mark erschütterten – negativ wie positiv.

Ruppige Helden der Gegenkultur

Danny Boyle war 20, als ihre erste offizielle Single „Anarchy in the U.K.“ einschlug. „Die Sex Pistols haben aus Chaos eine Gegenkultur kreiert“, sagt der Regisseur. „Ihre Botschaft war: ,Deine Zeit ist jetzt, und du kannst damit machen, was immer du willst.‘ Niemand hat das so exzessiv und aggressiv propagiert wie diese Gang.“

Die Bildergalerie zu „Pistol“

Hintergrund

Nach der märchenhaften Beatles-Hommage „Yesterday“ (2019) widmet sich Musikfan Boyle nun also den revolutionären Pistols, unterteilt in sechs „Tracks“ von Drehbuchautor Craig Pearce („Elvis“). Grundlage ist die Autobiografie „Meine Sex Pistols Geschichte“ von Gitarrist Steve Jones. Und der muss wissen, wie das damals war. Mit Schulfreund Paul Cook und gezocktem Equipment gründet Steve eine Band. Sie nennen sich The Swankers (Angeber) und suchen noch nach einem Image, als Malcolm McLaren die Jungs unter seine Fittiche nimmt.

Darum geht’s in „Pistol“

Die Boutique „Sex“, die das manipulative Mastermind McLaren und seine Partnerin Vivienne Westwood betreiben, ist das Epizentrum der Londoner Subkultur. Hier wird auch Schreihals John Lydon als Sänger gecastet. Denn Steve, dem vor Lampenfieber regelmäßig speiübel wird, taugt nicht als Frontmann. John heißt fortan Johnny Rotten, wegen seiner schlechten Zähne. Schließlich stößt John Simon Ritchie am Bass zu den „aufsässigen Kanalratten“ (O-Ton McLaren). Seinen Künstlernamen Sid Vicious verdankt er übrigens einem bissigen Hamster.

Louis Partridge („Enola Holmes“, Netflix) war überrascht, dass Danny Boyle gerade ihn als Sid sah. „Danny wollte einen sehr jungen Schauspieler, der Sids unschuldige Seite rüberbringt. Denn er war im Grunde ein großes Kind“, so Partridge im Interview. Der zeitlose Pioniergeist des Punk „Die Punk-Message ist, dass jeder etwas auf die Beine stellen kann – egal woher er kommt und ob er was kann“, betont Louis Partridge. „Das ist eine zeitlose, starke Botschaft. Die Pistols waren Pioniere, die wirklich etwas bewegt haben. Wir trennen hier Wahrheit von Legende.“ Die tragische Wahrheit, auch in „Pistol“, bleibt: Vicious erstach im Drogenrausch seine Junkie- Freundin Nancy Spungen, kurz vor Prozessbeginn starb er 1979 in an einer Überdosis Heroin. Er wurde 21 Jahre alt. Nach diversen Reunions sind die übrigen Bandmitglieder zerstritten.

John Lydon klagte prompt gegen die Verwendung der Pistol-Songs in der Serie (und verlor). Steve Jones’ Buchvorlage stelle ihn „in einem feindseligen Licht“ dar. Zumindest was Boyles Adaption angeht, sind Lydons Bedenken völlig unbegründet: „Pistol“ ist von tiefer Zuneigung und Respekt geprägt – sogar für den dreisten Visionär Malcolm McLaren, der „seine“ Produkte schamlos ausbeutete. Aber ohne ihn wären sie wohl nie so weit gekommen.