In zehn Folgen erzählt die neue italienische Dramaserie „L’Ora – Worte gegen Waffen“ (ab Mittwoch, 19. Januar, 20.15 Uhr, Sky Atlantic), wie Nicastro, gespielt von Claudio Santamaria („Romanzo Criminale“), im Sizilien der 50er-Jahre nicht nur gegen sinkende Auflagen des Blattes kämpft – Verleger Donati (Marcello Mazzarella) sitzt ihm ständig im Nacken. Doch das und so manche Verleumdungsklage halten ihn nicht von seinem Vorhaben ab, „L’Ora“ zur investigativen Zeitung zu machen und die omnipräsenten Verbrechen der sizilianischen Mafia, der Cosa Nostra aufzudecken. Dabei dringen er und seine Redakteure in die dunklen Winkel von Gesellschaft und Kirche vor – ein lebensgefährliches Unterfangen.
Darum geht’s in „L’Ora – Worte gegen Waffen“
Schon nach drei Tagen bereut es Antonio Nicastro, nach Palermo gezogen zu sein. „Vielleicht ist diese Hölle sogar für mich zu viel“, muss er niedergeschlagen feststellen. Seit Nicastro den Job als Chefredakteur der kommunistischen Tageszeitung „L’Ora“ übernommen hat, ist ein Gewerkschafter verschwunden. Alles spricht für eine Gewalttat, doch der einzige Zeuge, ein Hirtenjunge, ist unter höchst dubiosen Umständen im Krankenhaus von Corleone gestorben. Bei einer Schießerei in einem Bordell wurde eine Frau getötet, doch weit und breit findet die Polizei angeblich keinen Verdächtigen. „Hier ist die Wahrheit wie ein Nebel“, sagt der rätselhafte wie einflussreiche „letzte Prinz von Palermo“ zu ihm. „Je mehr man sich ihr nähert, desto weniger sieht man.“
Hintergrund
Inspiriert wurde die Serie von Giuseppe Sottiles Roman „Nostra Signora della Necessità“. Er erzählt von einem Jungen, der bei „L’Ora“-Reportern in die Lehre geht und im Nachrichtengeschäft Blut leckt, während auf Sizilien ein neuer Mafiakrieg ausbricht. In der Serie wurde daraus die Figur des jungen Domenico (Giovanni Alfieri), der mit der Geschichte des verschwundenen Gewerkschafters bei „L’Ora“ auftaucht und im Anschluss durch die Reporterschule geht.
Mit TNT gegen die Wahrheit
Die Mafia-Recherchen der Tageszeitung „L’Ora“, die von 1900 bis 1992 in Palermo erschien, gab es tatsächlich. Und wie in der Serie ließ die Reaktion der Cosa Nostra auf die Enthüllungen nicht lange auf sich warten. Am 19. Oktober 1958 explodierten fünf Kilo TNT vor den Büros der Tageszeitung. Bereits zwei Tage später erschien eine neue Ausgabe mit dem kämpferischen Aufmacher: „Die Mafia bedroht uns, die Ermittlungen gehen weiter“.
Der Preis für die Courage der Redaktion war die Ermordung dreier ihrer Journalisten, zuletzt im Jahr 1972 – die Serie errichtet ihnen ein Denkmal. Viele der Serienfiguren zeigen Anleihen bei realen Personen, die für „L’Ora“ arbeiteten: Antonio Nicastro erinnert an den Chefredakteur von 1954 bis 1975, Vittorio Nisticò, der die goldene Ära des Blattes einläutete und mit den Mafia-Recherchen begann. Reporter Marcello kann nur mithilfe eines Geräts sprechen, genau wie der reale Investigativreporter und Antifaschist Felice Chilanti, der an Kehlkopfkrebs erkrankte.
Aber auch für die Bösewichte bei „L’Ora“ standen reale Kriminelle Pate: der Serienarzt Navarra etwa, in dessen Händen der junge Zeuge stirbt, ist Namensvetter des realen, 1958 erschossenen Mafia- Anführers Michele Navarra, der ausgebildeter Arzt war. Serienschöpfer Claudio Fava ist mit dem Sujet sehr vertraut: Sein Vater wurde von der Mafia ermordet, und seit Anfang der 80er-Jahre enthüllt er mit dem Monatsmagazin „I Siciliani“ die Machenschaften der Cosa Nostra, zudem veröffentlichte er mehrere Sachbücher.