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„Das perfekte Promi-Dinner“-Star Candy Crash: Nicht maskulin genug, um ein „richtiger“ Mann zu sein?

„Das perfekte Promi-Dinner“-Star Candy Crash: „Heidi war interessiert an unsrer queeren Geschichte“

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Spätestens seit "Queen of Drags" kennt man Candy Crash in Deutschland. Credit: Getty Images
Am 26. Juni 2022 wird auf VOX das Diversity Special von „Das perfekte Promi-Dinner“ zu sehen sein. Wir sprachen vorab mit Candy Crash.

In der ProSieben-Sendung „Queen of Drags“ erlangte die Drag Queen Candy Crash 2020 deutschlandweit Bekanntheit. Seit 2015 betreibt sie den YouTube-Kanal „Süßigkeiten Unfall“, hat dort rund 70.000 Abonnenten. Auch auf Instagram folgen ihr rund 80.000 Menschen. Jetzt gehört sie zu dem Cast von Das perfekte Promi-Dinner„, das am 26. Juni auf VOX ausgestrahlt wird. An der Seite von „Prince Charming“ Nicolas Puschmann, „Princess Charming“ Irina Schlauch und „Love Island“-Star Jessica Derucki kämpft sie um den Titel des besten Gastgebers.

GOLDENE KAMERA traf die Drag Queen zum Gespräch über „Queen of Drags“, Heidi Klum, ihre Identität und wie es hinter den Kulissen beim Promi-Dinner ablief.

EXKLUSIV: Candy Crash im Interview

GOLDENE KAMERA: Wie spricht man dich an – als Junge oder Mädchen?

Candy Crash: Candy ist keine Kunstfigur mehr, das war es vielleicht früher mal. Candy ist ein großer Teil von mir und das ist keine Verkleidung mehr inzwischen. Daher ist beides okay.

In einem Instagram-Posting hast du geschrieben, dass du früher ein Problem mit deiner Femininität hattest und maskuliner wirken wolltest.

Ich hab mein Leben lang schon ein großes Problem mit meiner Identität oder meinem Körper gehabt. Ich bin nicht maskulin genug, um ein „richtiger“ Mann zu sein. Das wurde mir immer gesagt. Das hat ganz lange gebraucht. Drag hat mir vor allem geholfen zu lernen, dass männlich sein nicht immer maskulin sein muss. Also du kannst auch ein femininer Mann sein und das ist vollkommen ok so — das hat mir Drag gezeigt.

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Ist das „Mann sein“ ein gesellschaftlicher Druck? Du selbst hast dich fein mit dir gefühlt, oder?

Die Frage ist: Wie fühlt man sich als Mann? Wie fühlt man sich als Frau? Wie willst du das definieren? Dann kam bei mir die Überlegung: Bin ich ein Mann? Bin ich eine Frau? Was ist in mir los? Weil ich dieser gesellschaftlichen Rolle des Mannes nicht gerecht werden kann oder möchte. Dann kommt die Überlegung, bin ich auf dem Trans-Spektrum? Nein, da ich mit meinen Geschlechtsmerkmalen vollkommen fein bin. Ich bin happy mit dem, was ich habe. Ich bin einfach ein sehr schwuler, femininer Mann. Wir leben in einer Zeit, in der Geschlechterrollen hinterfragt und neu definiert werden. Das finde ich spannend und richtig so. Weil dieser gesellschaftliche Druck, auf einen Mann einwirkt, dieses „so musst du sein. Ein Indianer kennt keinen Schmerz. Ein Mann weint nicht.“ All diese Sprüche, die wir als Kinder von der Gesellschaft eingedroschen bekommen haben, die sind total toxisch. Der Mann muss erst mal lernen, dass es ok ist, zu sein, wie er sein möchte.

Ab wann hast du mit dem Drag angefangen?

Drag hab ich vor gut neun Jahren angefangen.

Gab es für dich Vorbilder? Olivia Jones, Conchita Wurst?

Conchita gab es da noch nicht. Vorbilder kamen fast ausschließlich aus den USA von „RuPaul’s Drag Race“. Eine Miss Fame oder Adore Delano. Das war meine Zeit, in der ich Drag für mich entdeckt habe. Ich fand das unglaublich spannend und habe zu ihnen aufgesehen. Sie haben mich total inspiriert und mir geholfen, so zu sein, wie ich jetzt bin.

Wie lange dauert es, bis du in Drag bist?

Ich brauche nur eine Stunde – ich kann aber auch schneller. Meine Haare lasse ich mir meist beim Frisör machen, aber schminken an sich dauert nur eine Stunde.

Wie hat deine Familie darauf reagiert, dass du erst diese Kunstfigur erschaffen hast und jetzt sagst, es ist nicht mehr nur eine Kunstfigur?

Meine Familie war durch die Bank immer positiv eingestellt, was ich mache oder auch nicht. Sie haben immer gesagt, „ja, der macht schon“. Sie finden das alles gut.

Durchbruch mit „Queen of Drags“

2019 hast du für „Queen of Drags“ gedreht, 2020 wurde es ausgestrahlt. Wie war das für dich? Gab es Zickenkriege?

Natürlich, wenn du zehn schwule Männer in eine Villa steckst, die sollen um 100.000 Euro kämpfen – natürlich gibt es da Zickenkrieg. Vor allem, weil Drag Queens Geltungsbedürfnis haben, willensstark sind und ein gewisses Ego mitbringen. Aber ich fand gerade bei uns in der Runde hat das Gezicke gar nicht im Vordergrund gestanden. Wir waren eher wie eine Familie, weil wir alle Männer sind, die ihre Existenz am Rande der Gesellschaft und einen ähnlichen Werdegang haben. In einer Familie neckt man sich mal. Die WhatsApp-Gruppe gibt es nach drei Jahren immer noch.

Wie war es mit Heidi Klum zusammenzuarbeiten? Weil viele GNTM-Mädels sagen, sie erscheint am Set, aber das war es dann auch …

Heidi ist mit uns ganz ganz toll umgegangen. Ich war echt überrascht, weil sie so großes Interesse an uns und unseren Persönlichkeiten hatte. An unserer queeren Geschichte. Sie ist ein Ally. Sie hat ein Interesse daran, uns eine Stimme zu geben. Aber wir waren eben auch zehn erwachsene Männer und nicht hunderte junge Mädchen. Das war eine ganz andere Basis. Ich bin total froh, sie kennengelernt zu haben. Wir haben immer noch Kontakt, ich war auch gerade in LA und habe sie dort besucht, durfte mit ihr ans Set von „America’s Got Talent“. Es war sehr spannend und auch sehr privat.

Solche Formate wie „Promi Big Brother“, Dschungelcamp etc. sind nichts für dich, oder?

Ich habe viele Jahre die GLOW moderiert, das ist schon mal ein riesengroßer Job, der mir vieles ermöglicht hat. Von dort aus habe ich die Chance auf andere Moderationsjobs bekommen, zum Beispiel bei „Die Alm“, wo ich den After-Talk moderieren durfte. Das ist eher der Weg, den ich gehen möchte. Ich möchte nicht durch zickiges Verhalten auffallen, sondern durch Können und Positivität.

Candy Crash bei „Das perfekte Promi-Dinner“

Du hast vor ein paar Tagen an „Das perfekte Promi-Dinner“ teilgenommen. Wie bist du da aufgetreten?

Ich bin als Candy aufgetreten. Inzwischen mache ich das so, dass ich im Fernsehen gerne komplett in Drag auftrete, weil da habe ich eine stärkere Stimme. Das sind 50 Prozent von mir, die ich gerne im TV zeige, weil sie mehr Aufmerksamkeit bekommen. Der große Vorteil ist auch, dass so nur meine Follower wissen, wie ich „out of Drag“ aussehe und somit ein relativ anonymes Leben leben kann.

Wie viele Leute würden dich auf der Straße erkennen, was glaubst du?

Wer mich erkennen würde, sind meine 80.000 Follower, weil die mich auf Insta ohne Schminke kennen. Aber der Rest wahrscheinlich nicht. Ich habe zum Glück noch ein angenehmes Leben.

Deine Dinner-Runde war ein Diversity-Special – wie war die Dynamik?

„Prince Charming“ Nicolas Puschmann, „Princess Charming“ Irina Schlauch und Jessica Derucki von „Love Island“ waren bei meiner Runde dabei. Es war eine großartige Truppe. Es waren alles Menschen, die eine Geschichte zu erzählen hatten, die wichtig ist, die gehört werden muss. Ich habe mich sehr wohlgefühlt. Wir hatten unglaublich viel Spaß. Wir haben viel gemeinsam. Es wird eine richtig coole Folge sein.

Wie geht es jetzt für dich weiter?

Ich möchte weiterhin im Fernsehen arbeiten, habe auch eigene Ideen. Ich mache Musik. Ich sehe das aber noch als Hobby an, wenn es allerdings Erfolg hat und die Leute sich darüber freuen, dann macht mir das noch mehr Spaß.