Mit dem Erscheinen ihrer Autobiografie „Hinter dem Lächeln“ im Februar dieses Jahres wurde auch das größte Geheimnis von Schauspielerin Michaela May (70) bekannt. In dem Buch schrieb sie erstmals über den tragischen Verlust ihrer drei Geschwister. Vier Kinder waren die Mittermayrs, wie der bürgerliche Name der Schauspielerin lautet. Doch ihre drei Geschwister begingen Suizid. Bruder Karl starb 1974 mit 28 Jahren, Bruder Hans mit nur 34 Jahren im Jahr 1977 und die jüngste Schwester Gundi 1980 mit 22 Jahren. Über 40 Jahre bewahrte die Schauspielerin diese Familientragödie, weil sie es ihren Eltern versprochen hatte. In der „NDR Talkshow“ spricht sie darüber, wie es dazu kam, die Geschichte nun öffentlich zu machen und wie sie es geschafft hat, ihren Lebenswillen zu bewahren.
Michaela May: „Durch Corona habe ich mein Leben aufgeräumt“
„Bisher bin ich mit der Vergangenheit so umgegangen, dass ich sie in meinem Leben nicht besonders beachtet habe“, sagt die 70-Jährige im NDR. Doch dann habe es durch den Tod ihrer Mutter 2019 und die Corona-Pandemie einen Einschnitt gegeben. „Durch Corona habe ich mein Leben aufgeräumt, dadurch, dass ich in den Keller gegangen bin und zwei Metallkisten geöffnet habe, die ich 40 Jahre mit mir rumgeschleppt habe.“ Darin waren Aufzeichnungen ihres ältesten Bruders Hans. „Ich habe mich nie getraut, das zu öffnen, weil meine Freunde, die mir damals geholfen haben, die Wohnung zu räumen, gesagt haben: ‚Schau dir das mal irgendwann an, aber nicht jetzt.‘ Und das Irgendwann hat über 40 Jahre gedauert.“
Als sie die Aufzeichnungen gelesen hatte, habe sie gedacht, nun ist es an der Zeit, die Geschichte zu erzählen, „weil jeder Mensch so einen Rucksack mit sich trägt, gerade in dieser Zeit mit Corona“. In ihrem Buch sei es ihr wichtig gewesen, nicht von ihrem Schauspielerleben zu berichten, sondern von ihrer Familiengeschichte. „Vielleicht ist das eine Geschichte, die manchen Menschen hilft, ihren Rucksack ein bisschen leichter zu machen und zu ertragen“, sagt sie in der Talkshow.
Michaela May: Ihre Mutter wollte die Wunden nicht aufkratzen
Wie sie nach diesen Schicksalsschlägen den Weg in eine lebensbejahende Zukunft gefunden habe, möchte Moderator Hubertus Meyer-Burckhardt (65) wissen. Darauf gibt die Münchnerin zwei Antworten. „Mir hat mein Beruf wahnsinnig viel geholfen, weil ich sehr früh rausgekommen bin. Die Bedrückung meiner Eltern habe ich nur peripher mitbekommen, weil ich immer viel weg war. Meine Rettung war, die vielen Leben als Schauspielerin zu leben und mich dadurch rauszuziehen.“ Aber auch die Entscheidung ihrer Eltern, die Geschichte nicht öffentlich zu machen und auch innerhalb der Familie die Geburtstage oder Todestage ihrer Geschwister nicht mit speziellen Gedenkfeiern zu ehren, habe dazu beigetragen. Ihre Mutter habe immer gesagt: „Lass es ruhen, ich will die Wunden nicht aufkratzen.“ Ihre Eltern haben immer gewollt, dass Menschen wertfrei auf sie zugehen können, daher haben sie mit niemandem über die Tragödien sprechen wollen.