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Marietta Slomka: „Da rutscht einem das Herz in die Hose“

Marietta Slomka: „Da rutscht einem das Herz in die Hose“

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Marietta Slomka moderiert seit über 20 Jahren das "heute-journal". Credit: IMAGO / Mauersberger
Marietta Slomka wird seit Jahrzehnten mit allen Arten von Nachrichten konfrontiert. Im „Kölner Treff“ spricht sie darüber, was sie im Moment besonders bewegt.

Seit 21 Jahren moderiert Marietta Slomka (52, GOLDENE KAMERA 2017) das „heute-journal“ im ZDF. Während ihrer journalistischen Laufbahn hat die gebürtige Kölnerin Nachrichten aller Art miterlebt. Im „Kölner Treff“ spricht sie über die Momente ihrer Arbeit, die ihr aktuell besonders schwer fallen und die sie besonders mitnehmen. „Wenn ich mit Leuten skype, die in der Ukraine im Bombenkeller sitzen oder sich da gleich wieder hinbegeben und man weiß nicht, ob man sie jemals wiedersieht“, erzählt sie im Gespräch mit Moderatorin Bettina Böttinger (65).

Marietta Slomka: „Ich bin dann erst mal durch hinter den Kulissen“

Sie erinnert sich an eine Szene, die besonders einprägsam war. Einmal sei ein junger Ukrainer während ihres Skype-Gesprächs aus dem Auto gezerrt worden, weil ukrainische Soldaten ihn fälschlicherweise für einen Spion hielten. „Da rutscht einem dann erst mal das Herz in die Hose“, sagt sie im WDR. Erst eine Stunde später habe er sich wieder gemeldet und Entwarnung gegeben. „Ich bin dann erst mal durch hinter den Kulissen.“ Aus diesem Grund würde sie solche Gespräche auch aufzeichnen, da es nicht zu verantworten wäre, wenn in Live-Situationen etwas passieren würde. „Aber es nimmt uns, wenn wir das tagsüber machen, schon ganz schön mit“, sagt die 52-Jährige.

Marietta Slomka: „Wir leben in einem Zeitalter von Auflösung der Gewissheiten“

In Kriegszeiten sei sie jeden Tag von morgens bis abends im Netz, würde Nachrichten konsumieren, „da kann ich gar nicht anders“. In normalen Zeiten würde sie nicht ständig Nachrichten lesen, „wobei ich schon gar nicht mehr weiß, wann wir normale Zeiten hatten“. Slomka habe auch ihre Schwierigkeiten damit, manche Geschehnisse zu begreifen, wie sie im „Kölner Treff“ erklärt: „Wir leben in einem Zeitalter von Auflösung der Gewissheiten, Dinge, die ich für selbstverständlich gehalten habe, werden plötzlich vom Kopf auf die Füße gedreht.“ Der Sturm auf das Kapitol in den USA, die Corona-Pandemie und nun der russische Angriffskrieg auf die Ukraine – alles Nachrichten, mit denen man in dieser Ausprägung nicht gerechnet habe.

Ob es überhaupt möglich sei, nach solchen anstrengenden, nervenaufreibenden Tagen wieder runterzukommen? „Lange Zeit nicht. Ich kann nicht plötzlich mein Gehirn auf Schlafmodus runterfahren“, erklärt sie. Da könne es schon mal vorbeikommen, eine Woche lang nur sehr wenig zu schlafen. Die Moderatorin, die für ihre scharfen Fragestellungen in Interviews bekannt ist, sagt zu ihrem Vorgehen: „Es ist nicht meine Absicht, jemanden zu grillen, aber es gibt manchmal herausragende Situationen, wo es auch um ein politisches Versagen geht“, da müssten die Fragen dann auch schärfer sein.