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Michaela May: „Kann mir nicht vorstellen, wie stark meine Mutter war, das so zu überleben“

Michaela May: „Kann mir nicht vorstellen, wie stark meine Mutter war, das so zu überleben“

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Michaela May musste mehrere Tragödien in ihrem Leben verkraften. Credit: Hannes Magerstaedt/Getty Images
Michaela May hat in ihrem Leben schreckliche Tragödien ertragen müssen. Im „Kölner Treff“ spricht sie über den Verlust ihrer drei Geschwister.

Erst seit einigen Wochen ist bekannt, welche tragischen Schicksalsschläge Michaela May (69) in ihrem Leben erleiden musste. In ihrer Autobiografie „Hinter dem Lächeln“, die am 24. Februar erschienen ist, macht die stets gut gelaunte Schauspielerin öffentlich, dass ihre drei Geschwister durch Suizid ums Leben gekommen sind. Ihr Bruder Karl starb 1974 mit 28 Jahren, Bruder Hans schied 1977 mit 34 Jahren aus dem Leben. Und auch ihre kleine Schwester Gundi beging 1980 mit nur 22 Jahren Suizid. Eine unvorstellbare Last und Trauer, die sie und ihre Eltern jahrelang begleitet haben. In der WDR-Talkshow „Kölner Treff“ spricht die 69-Jährige, die am 18. März ihren runden Geburtstag feiert, über diese Tragödien und warum sie so lange geschwiegen hat.

Michaela May: In den 1970er Jahren war es schwer zu erklären, was eine Depression ist

„Wir hatten eine wirklich glückliche Kindheit. Wir hatten einen kleinen Hühnerstall am Ammersee, sind sehr viel in der Natur aufgewachsen“, beschreibt May ihr Aufwachsen in der bayerischen Idylle, „aber von uns unbemerkt oder auch von mir als jüngerer Schwester kaum wahrgenommen, fing es mit einem Bruder an, man würde heute sagen mit Mobbing in der Schule und er hatte Schwierigkeiten in Latein und Mathe, er wurde immer stiller. Er war eigentlich der fröhlichste von uns allen und es hat sich nach außen nicht wirklich so gezeigt. Außer, dass er sehr viel zu Hause war, Geige gespielt und sehr gerne gemalt hat“. Es sei ihr im Nachhinein von Mitschülern erzählt worden, dass er sich in der Schule immer mehr als Außenseiter gefühlt habe. „Das hat sich dann später als Depression rausgestellt, was man damals in den 1970er Jahren noch ganz schwer äußern konnte, was das ist. Es gab wenig Psychologen oder Psychiater, es gab keine psychiatrische Klinik in München, nur eine Nervenheilanstalt, was damals noch als ‚Irrenhaus‘ bezeichnet wurde. Heute wäre das vielleicht alles anders abgelaufen“, erzählt sie im Gespräch mit Moderatorin Susan Link (45). Der Suizid ihres ältesten Bruders habe ihren anderen Bruder sehr mitgenommen, er konnte nicht glauben, dass er es nicht bemerkt hatte. Er beging einige Jahre später Suizid. Ihre jüngere Schwester habe die ganze Tragik und die Trauer noch zu Hause mitbekommen, „es war wie ein Sog“. Michaela May war zu jenem Zeitpunkt schon aus dem Haus. „Ich war durchs Filmen viel unterwegs und das war vielleicht auch meine Rettung“, erinnert sie sich im WDR.

Michaela May: Das Schweigen hat uns geschützt

Es sei der Wunsch ihrer Eltern gewesen, nicht über die Tragödien zu sprechen. Freunde und Bekannte hätten natürlich Bescheid gewusst, aber den Wunsch respektiert, daher sei sie auch erst nach dem Tod ihrer Mutter damit an die Öffentlichkeit gegangen. „Es hat uns geschützt, das nicht weiter nach außen zu tragen, weil es doch so ist wie ein Stempel oder ein Makel, wenn du jemandem begegnest und der weiß, das ist übrigens die, die drei Geschwister durch Selbstmord verloren hat, und noch schlimmer ist es für eine Mutter oder einen Vater“, begründet die 69-Jährige das lange Schweigen. Erst später, als May selbst Mutter zweier Kinder wurde, habe sie ihre Mutter noch mehr bewundert: „Ich kann mir gar nicht vorstellen, wie stark meine Mutter war, das so zu überleben und wieder so lebensfroh zu werden, aber das hat sie gerettet.“

May: „Ich habe Angst, weil ich so wahnsinnig gern lebe, dass es mich von außen packt“

Sie selbst sei nie von den dunklen Gedanken ihrer Geschwister heimgesucht worden, „bei mir hat es was ganz anderes bewirkt, auch weil ich so früh der ganzen Stimmung zu Hause entfliehen konnte durch den Beruf“. May habe immer gedacht, dass es sie auf andere Weise treffen würde, durch eine Naturgewalt wie Lawinen, Blitz oder Donner. „Diese Ängste habe ich bis heute“, gesteht sie im „Kölner Treff“. „Ich habe Angst, weil ich so wahnsinnig gern lebe, dass es mich von außen packt.“

Als ihre Mutter Anneliese 2019 starb, habe sie das Bedürfnis gehabt, ihre Geschichte zu erzählen. „Vielleicht kann man, wenn ich das erzähle, was man von mir nicht kennt, daraus lernen, dass man genau hinschauen muss, wenn man Menschen beurteilt“, denn manchmal stecke viel mehr dahinter als man erkennen kann, sagt May im WDR. „Jeder von uns hat einen Rucksack. Man brauchte es nicht auch noch schwerer machen, indem man ständig in die Vergangenheit guckt, sondern schaut: Was ist jetzt, was gefällt mir.“

Das bemerkenswerte Gespräch mit Michaela May können Sie in voller Länge in der ARD-Mediathek ansehen.

Hier bekommen Sie Hilfe

Psychische Erkrankungen und Suizidgedanken können jeden treffen. Wenn Sie selbst oder jemand in Ihrem Umfeld von Suizidgedanken betroffen ist, scheuen Sie sich nicht davor, Hilfe zu suchen!

Sie erhalten kostenlos und anonym Hilfe von erfahrenen Beratern bei der Telefonseelsorge unter den Telefonnummern 0 800-111 0 111 oder 0 800-111 0 222. Weitere Hilfsangebote bietet auch die Deutsche Gesellschaft für Suizidprävention.

Darüber hinaus können Sie sich bei Ihrem Hausarzt des Vertrauens Rat holen. Er kann Ihnen helfen, geeignete Psychiater und Psychotherapieplätze zu finden.